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Taking the Blackpill

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Taking the Blackpill

Schon mal von Incels gehört? Nein? Ich bis Mai 2018 auch nicht. An diesem Tag sendete der Deutschlandfunk im Breitband einen Podcast zum Thema Antifeminismus im Netz. Anlass war ein Facebook-Post, den der damals 25-Jährige Alek Minassian vor seinem Amoklauf, bei dem er 10 Menschen das Leben nahm, im Netz veröffentlichte:

"The Incel Rebellion has already begun! We will overthrow all the Chads and Stacys! All hail the Supreme Gentleman Elliot Rodger!"

Trotz des (als ersten Einblick sehr empfehlenswerten!) Beitrags, hatten sich bei mir sehr viele Fragen aufgetan. Also beschloss ich, dem Phänomen Incel auf den Grund zu gehen.

And down the rabbit hole I went.
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In den späten 90ern gründet eine kanadische Studentin ein Online-Selbsthilfeforum für sexuell erfolglose und frustrierte Menschen. Mit der Internetseite Alana's Involuntary Celibacy Project soll der Austausch zwischen Betroffenen angeregt werden, so Alana in dem unten abrufbaren Interview mit PJ Vogt von Gimlet-Podcasts. 

"Uh, when you um discover that there are other queer people in the world, and maybe you're queer too, and then you talk to the other queer people and you get used to the idea that you have that identity, and then you are more able to tell other straight people about it. So that was a, you know, a really wonderful and empowering process for me in my early-20s. So I think the group was the same idea. That meeting real people, even just on the internet, helps you understand, Hey, this is a thing that's happening to me and maybe there's some hope, maybe I can get some support."

Das Angebot richtet sich an Betroffene aller Geschlechter und sexueller Orientierungen, so Alana:

"I was trying to create a movement that was open to anybody and everybody" (Baker 2016)

Im Zuge der Entwicklung der Selbsthilfegruppe etabliert sich die Begriffskombination Involuntary Celibacy (unfreiwillige Zölibatäre) und die entsprechende Abkürzung Incel. Um den Shift dieser queeren Online-Selbsthilfegruppen der 90er hin zu Männern vorbehaltenen Incel-Foren des aktuellen Jahrzehnts nachzuvollziehen, hilft ein Blick auf das Umfeld, in welchem sich die Incel-Community heute verorten lässt: die ‚Manosphere‘.
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Die Manosphere

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Die Redpill

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All diese verschiedenen Interessensverbände vereint die Ansicht, dass die moderne (westliche) Gesellschaft von weiblichen bzw. feministischen Werten dominiert wird. Diese Überzeugung manifestiert sich in der Idee der ‚Redpill‘. Angelehnt an den Film THE MATRIX (Wachowski/Wachowski, USA 1999) existieren laut Manosphere zwei Wirklichkeitskonzepte: die Illusion (Bluepill), laut welcher Männer mehr Macht als Frauen haben und die Realität (Redpill), in der Männer ein benachteiligtes Dasein gegenüber Frauen führen (vgl. Ging 2017: 3; Kelly 2017: 74). Während der Großteil der Gesellschaft ‚bluepilled‘ ist, haben Redpill-Anhänger*Innen im bildlichen Sinne die Wahrheit geschluckt. Folglich ihrer Diagnose einer Vormachtstellung von Frauen ist Feminismus für sie keine auf Geschlechtergleichstellung beruhende Überzeugung, sondern eine Strategie zur Konstitution eines asymmetrischen, von Männerhass geprägten Geschlechterverhältnisses. Das gezielte Verbreiten von Fehlinformationen führe dazu, dass Frauen allgemein die Opfer- und Männern die Täterrolle zugeschrieben werde (vgl. Gotell, Dutton 2016: 72-75; Marwick, Caplan 2018: 554). Durch vermeintlich repräsentative Studien und das Teilen individueller Leidensgeschichten wird innerhalb der Manosphere so ein Diskurs geschaffen, der Männer als die ‚wahren Opfer‘ des Systems identifiziert. Dadurch hat die Redpill eine homogenisierende Wirkung: Nutzer*Innen können ihre individuellen, häufig stark emotional aufgeladenen Probleme in ein kollektives, vermeintlich rationalisiertes Narrativ betten, das ihnen zugleich Ursache als auch Lösung ihrer Probleme liefert – so unterschiedlich diese auch sein mögen (vgl. Blommaert 2018: 206; Ging 2017: 8, 16).
 
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#GamerGate

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Ein Beispiel für Aktivismus aus der Manosphere, ist die sogenannte #GamerGate-Kontroverse. Der Name #GamerGate bezieht sich auf eine Hashtag-Kampagne aus dem Jahr 2014, deren Wurzeln in der Gaming-Community liegen. Auslöser war die Veröffentlichung eines Blogeintrags zum Videospiel Depression Quest von Zoë Quinn. Ein Ex-Partner Quinns hat in einem Wordpress-Artikel namens The Zoe Post (vgl. https://thezoepost.wordpress.com) – neben sensiblen Daten wie privaten Informationen, Fotos und Chatverläufen – die nicht fundierte Anschuldigung geteilt, Quinn hätte zu Gunsten einer positiven Rezension des Spiels ein Verhältnis mit Gaming-Journalist Nathan Grayson begonnen (der nie über das Spiel publiziert hatte (vgl. Chess/Shaw 2015: 210)). Daraufhin wurde Quinn zur Zielscheibe diverser Gewalthandlungen, unter anderem sexistischer Beschimpfungen und demütigender Memes. Ihren Namen erhielt die Kampagne durch einen Tweet von Schauspieler Adam Baldwin, der unter #GamerGate auf die Ungleichbehandlung zu Ungunsten von männlichen Spieleentwicklern seitens des Gaming-Journalismus hinwies. In den Videos, die er in diesem Tweet verlinkte, wird paradoxerweise nicht besagter Journalist, sondern Quinn für das angebliche Fehlverhalten angegriffen (vgl. Chess/Shaw 2015: 210). Der Hashtag verbreitete sich über Twitter, reddit und die Imageboards 4chan und 8chan – und wurde so zu einer Bewegung, die seitens der Manosphere am Leben gehalten wurde. Die Kritik wurde dabei in keinster Weise konstruktiv formuliert, im Gegenteil. Unter #GamerGate findet man – neben einer Unmenge an gegenderten Beschimpfungen – pornographisch manipuliertes Bild- und Videomaterial und Gewaltandrohungen in jeglicher Form. So wurde eine Sexismus-Debatte innerhalb der Gaming-Community losgetreten, innerhalb derer der Sexismus jenen, die ihn anprangerten, noch härter entgegenschlug. Der Auslöser geriet dabei in Vergessenheit: #GamerGate entwickelte sich zu einer Hasskampagne, gerichtet gegen fast ausschließlich weibliche* Akteur*Innen der Gaming-Industrie (Massanari 2017: 329f; vgl. Southern Poverty Law Center 2018). Allen voran Spiele-Entwicklerin Brianna Wu und -Kritikerin Anita Sarkeesian. Abgesehen von einer Flut an unzähligen hasserfüllten Kommentaren und Nachrichten mit unter anderem Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, waren beide Akteurinnen von Hacking-Angriffen und Cyberstalking betroffen. Wu wurde Opfer vom sogenanntem Doxing (von engl. ‚document tracing‘), eine Belästigungspraxis, bei der private Informationen wie Adresse, Arbeitsstelle, Telefonnummer, etc. der Betroffenen veröffentlicht werden. Nachdem Wu eine Morddrohung erhielt, in welcher der Absender ihre Privatadresse angab, sah sie sich gezwungen ihr Zuhause zu verlassen (vgl. Aghazadeh et al. 2018: 179f). Da sie auf ihrem YouTube-Channel Feminist Frequency sexistische Narrative in Videospielen untersucht, wurde Sarkeesian schon zuvor Opfer von Hass-Kampagnen (vgl. Sarkeesian 2017). Neben diversen Memes, in denen sie von Game-Charakter Mario vergewaltigt wird, existiert das Online-Spiel Beat Up Anita Sarkeesian von Benjamin Daniel (der sich selbst als „feminist humiliater“ versteht (Ging 2017: 9)), bei welchem ihr Gesicht mit virtuellen Schlägen entstellt werden kann (vgl. ebd.). Der #GamerGate-Aktivismus traf allerdings nicht nur einzelne Individuen, sondern griff auch auf struktureller Ebene an. Der englischsprachige Wikipedia-Artikel Sarkeesians wurde in regelmäßigen Abständen mit sexistischen Sprüchen manipuliert (vgl. Sarkeesian 2013: 1:50); Ein Vortrag, den Sarkeesian an der Universität von Utah halten wollte, musste nach einer Bombendrohung abgesagt werden. Der Absender drohte, gezielt Sarkeesian, Frauen und das Women‘s Center der Universität anzugreifen (vgl. McDonald 2014). Und auch die Arbeit weiterer Feminist*Innen, die sich in einem akademischen Kontext mit dem Thema Gaming und Sexismus auseinandersetzten, wurden zur Zielscheibe für den Aktivismus aus der Manosphere heraus: In A Conspiracy of Fishes (Chess/Shaw 2015) beschreiben Chess und Shaw wie ein Dokument, welches sie im Rahmen einer Tagung zum Thema Diversität und Gaming zur allgemeinen Bearbeitung online stellten, manipuliert wurde: [W]e began getting emails that indicated someone was commenting on our Google Doc. The one that caught our eye was a comment that read: ‘‘guys, use the comments thingy, leave the thing unedited please. It won’t look credible to anyone outside of 4chan if doctored around.’’ […] One edit simply replaced ‘‘identity and diversity in game culture’’ with the word ‘‘penis.’’ Another deleted the title entirely and replaced it with ‘‘I fuck kids- op.’’ That version also altered nearly every paraphrasing of participants’ comments to include something about ‘‘sucking cock.’’ (Chess/Shaw 2015: 211)
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Incels

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Das Forum incels.co

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Das englischsprachige Forum Incels.co (vorher Incel.me/Incels.me/Incels.is) wurde am 7. November 2017, dem Schließungstag des Subreddits r/incels, ins Leben gerufen (vgl. Hauser 2017). Stand August 2020 verfügt es über mehr als 200.000 Threads mit knapp fünf Millionen Posts von etwa 12.000 registrierten Nutzern.

Incels.co ist eine der wenigen Plattformen, auf welcher ausschließlich Incels ein Zugangsrecht haben. Allerdings verfügen auch nichtregistrierte Gäste über eine Leseberechtigung für die Beiträge. Zudem ist das Forum auch mit den Plattformen Twitter und Discord verknüpft. Die konkrete Nutzer- bzw. Leserschaft des Forums ist daher schwer zu fassen.

Um einen Thread zu starten oder einen Post zu verfassen, muss man sich auf der Website registrieren und rechtfertigen, warum man Teil des Forums sein möchte bzw. sich als dazu berechtigt versteht. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Administratoren vorbehalten, eine Anmeldung im Falle einer unzureichenden Begründung abzulehnen. Zur Registrierung zugelassen sind Incels und ‚blackpilled’ (s.u.) Nutzer.

‚Incel‘ wird in den Nutzungsbedingungen wie folgt definiert:

"Incel means Involuntary Celibate, a person who wants to be in a loving relationship but is unable to find a partner, even after trying dating applications or approaching in real life. Note that sex is not the main point." 

Der beschriebene Zustand des Incel-Daseins wird dann als ‚Inceldom‘ bezeichnet. Obwohl dies ebenso auf Frauen zutreffen kann, sind diese von der Registrierung ausgeschlossen:

"Female (Not Allowed): Banned on sight, no exceptions. It’s vastly easier for a female to get validation and sex than a male in today's society. Unless a female belongs to the bottom percentile in terms of appearance it’s going to be very hard for them not to be able to find many suitors for any kind of romantic or sexual activity." 

Alle registrierten Nutzer können Threads erstellen und diese mit sog. Posts kommentieren. Diese Posts wiederum können zitiert und kommentiert werden, wodurch sich eine für Diskussionen offene Kommunikationsstruktur ergibt. Innerhalb dieser Kommunikationsstruktur handeln Incels ein begriffliches Klassifikationssystem aus, durch welches sie ihre soziale Wirklichkeit ordnen. Hierbei ergänzen sie die Redpill durch ein weiteres Wirklichkeitskonzept: die ‚Blackpill‘
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Die Blackpill

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Die Blackpill fokussiert die angenommene Asymmetrie der Geschlechterverhältnisse zuungunsten von Männern auf einen bestimmten Bereich gesellschaftlichen Lebens: das Paarfindungsverhalten. Blackpill-Anhänger sind der Überzeugung, dass heterosexuelle Männer enormen Attraktivitätsansprüchen ausgesetzt sind, die lediglich durch ‚gute‘ genetische Anlagen erfüllt werden können. Wer darüber nicht verfügt, kann seinen ‚sexual market value‘ (SMV) nur durch hohen sozioökonomischen Status aufwerten – Persönlichkeit spielt keine Rolle oder werde von Aussehen determiniert:

"looks = personality in foid’s [females] eyes.
Unattractive = Bad person according to normies and femoids [females].
The first step to accepting the blackpill is to admit that you’re a ganetic [sic!] dead end." 

Das eigene Äußere als unzureichend zu definieren liefert Incels damit eine Erklärung für ihr unfreiwilliges Zölibat. Wie auch die Redpill- hat diese Blackpill-Überzeugung somit eine vergemeinschaftende Wirkung. 
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Theorizing the Incelosphere

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Von Seduction Games und Girl-Getting Kursen

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Unter Pick Up Artistry (zu Deutsch etwa 'Kunst des Aufgabelns') werden manipulative Strategien, um Frauen zu verführen, verstanden. Die Strategien, auch 'Game' genannt, versuchen in der Regel, die Frauen in ein Abhängigkeitsverhältnis dem PUA (PickUpArtist) gegenüber zu stellen. Frauen werden objektifiziert und sexualisiert - ihre Verstandesfähigkeit wird ihnen abgesprochen.

Interessant an dieser Community ist, dass aus der sogenannten PickUpArtistry ein finanzielles Geschäft wurde. So bieten PUAs nicht gerade kostengünstige Kurse und Materialen an, um andere Männer in das 'Game' einzuführen.

Beispielsweise hier die Methode der sogenannten Fractionation:

"Here’s the gist of the technique:
  1. You first make her recall a happy memory, and get her to experience the joy associated with that memory.
  2. You then make her recall a sad memory, and get her to experience the sadness or trauma associated with that memory.
  3. Repeat the cycle.
So what you want to do is to make her feel happiness and sadness in quick succession over a period of time……and once you’ve done this sufficiently (every woman has her own “break point”), you’ll find that she becomes more and more compliant to your requests.

Finally, when exposed to enough rounds of Fractionation, she will soon become addicted to you emotionally.
And then, over time, she will ultimately accept your
dominance over her. When that happens, she will be dependent on you to survive (at least emotionally), making it impossible for her to leave you."  (https://www.calpont.com/how-to-manipulate-women/)

Weitere Einblicke in die Welt der PUAs erhält man beispielsweise auf der Seite https://www.seduction.com oder unter https://www.pualingo.com.  


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Men's Rights Activism

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Der MRA geht aus dem Men’s Rights Movement (MRM) der 70er Jahre hervor, welches sich neben dem Women’s Liberation Movement gegen strikte Geschlechterrollen auflehnt. In den 80ern kommt es zu einem Wandel innerhalb der Bewegung: Einige Aktivisten unterstellen dem Feminismus eine Entmännlichung/Verweiblichung in der Gesellschaft zu bewirken und beginnen ein Ideal traditioneller Männlichkeit zu rekonstruieren und diesem nachzustreben (vgl. Marwick, Caplan 2018: 545f). Was als Schulter-an-Schulter beginnt, endet in einem Backlash gegen das Women’s Liberation Movement: Der Feminismus wird zum politischen Gegner, die Idee eines Vorherrschens männlicher Privilegien oder eines Patriarchats abgelehnt und stattdessen häusliche Gewalt gegen Männer und Diskriminierung von Vätern ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Warren Farrells The Myth of Male Power (1993) und Neil Lyndons No More Sex War: The Failures of Feminism (1992) werden zu Bestsellern unter MRAs (vgl. Nagle 2017: 88). Mit dem Durchbruch des Internets bilden sich in dieser Tradition weitere Interessensverbände.  
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MGTOW

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Auf ihrer Website, die mittlerweile fast 40.000 Mitglieder zählt, beschrieben sich MGTOW wie folgt:

"M.G.T.O.W - Men Going Their Own Way
 is a statement of self-ownership, where the modern man preserves and protects his own sovereignty above all else. It is the manifestation of one word: "No". Ejecting silly preconceptions and cultural definitions of what a "man" is. Looking to no one else for social cues. Refusing to bow, serve and kneel for the opportunity to be treated like a disposable utility.And, living according to his own best interests in a world which would rather he didn't.
sov·er·eign·ty"

Zu den 'Dienstleistungen', die die MGTOW-Community anbietet, gehört neben der Beratung von Männern bei konkreten Fragen im Forum auch das Aufhalten von Eheschließungen:

"Save a Male and Stop a Wedding™ is an unregistered trademark of MGTOW.com.
Yes, we have prevented 7 weddings in 4 years. Two of them right in the middle of the ceremony. The groom(s) were shown evidence that their fiancées had recently been at a bachelorette party just prior to the wedding and performed oral sex on a male stripper…. and then paid the stripper and their bar tab with their future husband’s credit card."

Diese Art der Intervention ist allerdings nicht kostenfrei:

"We charge a very small % of what the groom would lose in a divorce, which saves him a fortune."













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Media

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"Why are you so angry?" ist eine englischsprachige, sechsteilige Reihe animierter Videoessays zum Thema Manosphere und #GamerGate! 
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Anita Sarkeesian zum Thema Online Harassment. Das Video stammt aus dem Jahr 2013 - zwei Jahre vor der #GamerGate-Kontroverse.
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What I couldn’t say is ‘fuck you’ to the men that turned their misogyny into a game. A game in which gendered slurs, death and rape threats are weapons used to try and take down the big bad villain, which, in this case, is me. My life is not a game. I’ve been harassed and threatened every day for going on three years with no end in sight. And all because I dared to question the self-evident obvious sexism running rampant in the games industry. 
Anita Sarkeesian
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"Brianna Wu is a video game developer who was targeted by Gamergate after speaking out against misogyny in the gaming industry. Now she’s taking on politics to level the playing field."
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Baker, P. 2016: The Woman Who Accidentally Started the Incel Movement. Elle, Heft 3.

Marwick, A. E., Caplan, R. 2018: Drinking Male Tears: Language, The Manosphere, and Networked Harassment. Feminist Media Studies, 18. Jg., Heft 4, 543–559.

Nagle, A. 2017: Kill all normies. Online culture wars from Tumblr and 4chan to the alt-right and Trump. Winchester, UK, Washington, USA: Zero Books.

Ging, D. 2017: Alphas, Betas, and Incels. Men and Masculinities, 19. Jg., 1-20.

Gotell, L., Dutton, E. 2016: Sexual Violence in the ‘Manosphere’. Antifeminist Men’s Rights Discourses on Rape. International Journal for Crime, Justice & Social Democracy, 5. Jg., Heft 2, 65–80.

Hauser, C. 2017: Reddit Bans 'Incel' Group for Inciting Violence Against Women. The New York Times.

Kelly, A. 2017: The alt-right: reactionary rehabilitation for white masculinity. Soundings, 66. Jg., Heft 66, 68–78. Kim, K. K., Lee, A. R., Lee, U.-K. 2019: Impact of anonymity on roles of personal and group identities in online communities. Information & Management, 56. Jg., Heft 1, 109–121.

Kimmel, M. 2014: The Aggrieved Entitlement of Elliot Rodger, http://shriverreport.org/the-aggrieved-entitlement-of-elliot-rodger/, letzter Aufruf 16. August 2018.

Kimmel, M. S. 2013: Angry white men. American masculinity at the end of an era. New York: Nation Books.

Marwick, A. E., Caplan, R. 2018: Drinking male tears: language, the manosphere, and networked harassment. Feminist Media Studies, 18. Jg., Heft 4, 543–559.

Massanari, A. 2017: #Gamergate and The Fappening: How Reddit’s algorithm, governance, and culture support toxic technocultures. New Media & Society, 19. Jg., Heft 3, 329–346.

Nagle, A. 2016: The New Man of 4chan. The Baffler, Heft 30. Nagle, A. 2017: Kill all normies. Online culture wars from Tumblr and 4chan to the alt-right and Trump. Winchester, UK, Washington, USA: Zero Books. Rodger, E. 2014: My Twisted World, https://www.nytimes.com/interactive/2014/05/25/us/shooting-document.html, letzter Aufruf 08. September 2018.

Scholz, S. 2015: Männlichkeitssoziologie. Studien aus den sozialen Feldern Arbeit, Politik und Militär im vereinten Deutschland. Habilitationsschrift, Technische Universität Dresden. Münster: Westfälisches Dampfboot.

Southern Poverty Law Center. 2018: Male Supremacy, https://www.splcenter.org/fightinghate/extremist-files/ideology/male-supremacy, letzter Aufruf 27. August 2018.

Vivenzi, L. 2017: Infiltrating the Manosphere. An exploration of male-oriented virtual communities from the inside. diggit magazine.


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Fremdklassifikation

Heteronormativität, Hypergamie und Male Supremacy

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Innerhalb der sozialen Wirklichkeit der Incel-Community spielt die Unterscheidung der Geschlechter und die damit verbundene Asymmetrie die zentrale Rolle. Die Überzeugung, es gebe zwei Geschlechter, Männer und Frauen, welche von Natur aus verschieden sind und ein unterschiedliches Verhalten an den Tag legen, untermauern Incels mit evolutionspsychologischen Thesen und genetischem Determinismus (vgl. Ging 2017: 12). Incels unterstellen Frauen ein hypergames Paarfindungsverhalten, wobei sie die Bedeutung des Hypergamie-Begriffs neben dem üblichen Bezug auf sozialen Status auf Aussehen ausweiten. Dies wird wiederum anhand des genetischen Determinismus erklärt: Frauen wollen nur deshalb ausschließlich attraktivere Männer als sie selbst, weil Attraktivität ein Zeichen guter Gene sei und diese in einem auf Reproduktion ausgelegten Paarfindungsverhalten Priorität haben.

"The average male could inseminate 5 females a day. Women do not have that kind of sex drive. On the contrary; they are picky because they are biologically 'wired' to allow only the genetically fittest of males to inseminate them." 

Frauen werden in ihrem Verhalten auf ihre Reproduktionsfähigkeit reduziert, Rationalität und Intelligenz wird ihnen dabei abgesprochen – was sie auf einer evolutionspsychologischen Ebene den Männern unterlegen macht.

"Biologically speaking all they're good for is a slit for us men to slide our cocks in for pleasure. Nothing else."

Somit folgen Incels der Idee einer Male Supremacy, der Überzeugung einer Überlegenheit des männlichen Geschlechts (vgl. Southern Poverty Law Center 2018). Diese angenommene Unterlegenheit von Frauen wird auch in gängigen Bezeichnungen für das weibliche Geschlecht wie ‚femoid‘ oder der Abkürzung ‚foid‘ in Kombination mit dem Personalpronomen ‚it‘ verdeutlicht. Laut Incel-Wiki soll die Zusammensetzung aus den Worten ‚female‘ und ‚humanoid‘ darauf hinweisen, dass Frauen nicht gänzlich menschlich sind. Durch diese sprachliche ‚Entmenschlichung‘ reproduzieren Incels ein Bild von Frauen als (Sex-)Objekt. Dass sie sich trotz dessen nach der Wertschätzung und dem sexuellen Kontakt mit Frauen sehnen, rechtfertigen Incels allerdings ebenfalls mit dem eigenen Reproduktionstrieb:

„We need women due to biological needs.“
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Incels unterziehen sämtliche Personen einem Rating des äußeren Erscheinungsbildes auf einer 10 Punkte Skala. Anhand dieser (vermeintlich objektiven) Messungen von Attraktivität werden Blackpill-Thesen über die Asymmetrie des Geschlechterverhältnisses untermauert.

A 1/10 female mogs a 6/10 guy in 2019 thanks to the internet and desperate men inflating their egos.

tbh [to be honest] most incels could probably have sex with some used up cumdumster but [the] effort you have to put [in] for it is simply not worth it, getting rejected, mocked thousands of times and ofc [of course] competing against dozens of other dicks while 1/10 queen just sits back and waits for the winner.

Incels prangern an, dass es ihnen auf Grund von hypergamen Strukturen verwehrt bleibt, ein Verhältnis mit ihrem ‚looksmatch‘ (Person mit demselben Ranking) einzugehen, was ihnen durch die vermeintliche Objektivierbarkeit von Schönheit logischerweise zustehen müsste. Was das Aussehen von Männern angeht, werden drei Kategorien geführt: Alphas, Betas und Omegas. Alphas haben einen hohen, Betas (die den Großteil aller Männer ausmachen) einen niedrigeren und Omegas quasi keinen sogenannten SMV (sexual market value). Die Unterscheidung geht mit einem Leitsatz über das Verhältnis von Frauen zu Männern einher:

‚alpha fuxx [fucks], beta buxx [bucks]‘.

Da es Incels zufolge nur wenig Alphas, aber viele Frauen gebe, gehen letztere Beziehungen oder Ehen mit Betas ein, die ihnen ihren Lebensunterhalt finanzieren, während sie sich nach sexueller Befriedigung durch Alphas sehnen oder ihre Partner mit diesen betrügen (vgl. Ging 2017: 13):

Females naturally crave to be dominated by alpha. 

Somit gibt es keine Möglichkeit auf eine Beziehung zwischen Frauen und Betas, in der letztere von ihren Partnerinnen respektiert werden. Betas, die sich dennoch auf eine solche Beziehung einlassen, bezeichnen Incels als ‚Betabuxxer‘. An Omegas hätten Frauen keinerlei Interesse; selbst die Funktion des ‚Betabuxxer‘ käme für sie auf Grund mangelnder Attraktivität nicht in Frage. Das Bild des Alpha Mannes wird durch die Personifizierung seines Stereotyps verdeutlicht: ‚Chad‘. Die ‚Rules & Terminology‘ des Forums definieren Chad als
„what incels are not: Charismatic, tall, good-looking, confident, muscular.“ Die Privilegien im Verhältnis zu Frauen, die Incels Chads zuschreiben, verdeutlichen sich in Aussagen wie

all females [are] digging for chad, even [the] ugliest ones. Chad doesn’t have to do anything.
women don´t care about the effort you put in. They don´t want […] normal guys. They only want chad.

This is a society where a 3/10 female rejects 6/10 males. There is no fucking equilibrium. There is no looksmatches. Either you are 8/10 and get pussy or you [don’t].

Auf die Spitze getrieben wird die Asymmetrie zwischen Incels und Chads durch die Aussage

It’s not rape if his name is Chad.

Incels nehmen eine in der Manosphere weit verbreitete Kritik an der sogenannten ‚Rape Culture Hysteria‘ auf, die besagt, dass auf Grund der feministischen Kritik an einer vermeintlichen ‚Rape Culture‘ und falschen Vergewaltigungsanschuldigungen alle Männer unter den Generalverdacht des Vergewaltigers geraten würden (vgl. Gotell, Dutton 2016: 75). Laut Incels werden jedoch gerade nicht alle Männer unter Verdacht gestellt:

I'm starting to think that women aren't actually against being raped, they just don't like it if it's not Chad raping them. Maybe that ‘1/4 of women have been raped’ statistic is right, it's just all those unreported rapes are because the foid is worried Chad might go to jail.

Obwohl die Begriffe Alpha und Beta in Bezug auf Frauen keine Anwendung finden, existiert das weibliche Pendant zu Chad: Stacy. Zu Beiden, Chad und Stacy, haben Incels ein ambivalentes Verhältnis. Einerseits wollen sie sein wie Chad, andererseits verurteilen sie ihn als „cocky, arrogant bull[y] who seem[s] to get everything in life, even money and the good jobs“ – und obendrein auch noch alle Frauen. Stacy verurteilen sie dafür, dass sie sich nur für Chad interessiert und Incels keines Blickes würdigt, gleichzeitig ist sie das Objekt ihrer Begierde – auch wenn sie nicht ihrem looksmatch entspricht. Wenn es um den Umgang mit dem äußeren Erscheinungsbild geht, verstricken sich Incels so auch in Widersprüche. Während sie die Oberflächlichkeit und übertriebenen Attraktivitätsansprüche von Frauen anprangern, sind sie diejenigen, die Frauen auf Grund mangelnder Attraktivität als (Sexual-)Partnerinnen ausschließen.

Tbh [to be honest] I wouldn’t want to be with a women under 4/10;
Yea i only find 6+ girls attractive or 2d ones. I refuse to settle for used up landwhales [dicke Frauen] or ugly sluts.
An ugly women is about as useful as a broken condom.

Was ihre Ansprüche an die Attraktivität von potenziellen Partnerinnen angeht, so scheinen Incels die Kritik selbst nicht zu berücksichtigen, die sie am hypergamen Paarfindungsverhalten und der Oberflächlichkeit von Frauen üben.
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Was die Klassifikation des Umfelds angeht, so werden Rasse und Nationalität durch Incels stark relevant gemacht. Ein Beispiel hierfür ist ‚Tyrone‘, das schwarze Gegenstück zu Chad: groß, gutaussehend und schwarz – nicht weiß, wie Chad es sein muss, und diesem untergeordnet.

For me, knowing that an average Tyrone have more chances to get laid with race traitor foids of my race is suifuel [suicide fuel].

Während es neben Tyrone auch Bezeichnungen für gutaussehende Asiaten (Chang) und Inder (Chadpreet) gibt, wird das Begriffsspektrum für Frauen (abgesehen von der Bezeichnung ‚Noodlewhore‘ für Asiatinnen) nicht erweitert, da Rasse und Nationalität bei Frauen keine Auswirkung auf den SMV hätten:

It would be irrelevant, women can get sex quite easily regardless of race or "looks tier", but a man's race affects his effectiveness in getting laid to a high degree, which is why we categorize all the high tier males of each race, because Chang will never get laid as easily as Chad, but some random white woman and a random asian woman (not even high tier in looks) can get laid easily, there's no point in categorizing the group because there's little to no variation in success rates, basically every woman just gets laid without trying, […] so it makes sense to just use stacey for all of them.

Auch hier (re-)produzieren Incels die oberflächlichen Überzeugungen, die sie ursprünglich Frauen unterstellen. Schwarze Männer, vor allem sexuell erfolgreiche Tyrones, sind hier (wie auch Stacy und Chad) gleichzeitig Objekt des Neides als auch der Ablehnung. Die Ablehnung allerdings liegt meist in einer vermeintlich genetischen Inferiorität der schwarzen, bzw. nicht-weißen Rasse begründet, die einige Incels als gegeben verstehen und so einer ‚White Supremacy‘-Ideologie folgen, die breiten Anklang innerhalb der Manosphere findet (vgl. Marwick, Caplan 2018: 554). So gibt es trotz der internationalen Nutzerschaft des Forums zahlreiche Threads über beispielsweise den Zusammenhang von Rasse und IQ. Weiße Frauen, die sexuelle Beziehungen mit schwarzen Männern eingehen (‚racemixing‘), werden als ‚race traitor foids‘ beschimpft.
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Mit den spezifischen Bezeichnungen (Chads, Foids, etc.) geht auch ein bestimmtes Verhaltensmuster einher, das Incels den einzelnen Rollenträgern zuschreiben. Vorausgesetzt es handelt sich um Alphas wie Chads/Tyrones usw., wird dieses hauptsächlich auf ausgeprägte sexuelle Aktivität und damit einhergehende Arroganz und Ignoranz gegenüber Betas reduziert. Sie sind auf der Gewinnerseite der Blackpill, ohne sich dessen bewusst zu sein. Frauen hingegen, besonders Feministinnen, nutzen ihre Vorteile durch die Blackpill bewusst aus. 

Chads are living their own Truman Show.
The thing about chads is that they usually dont understand how privileged their lives are until someone fully blackpills them, femoids on the other hand, know their privilege and reap the benefits.

Problematisch verhält es sich mit ‚bluepilled‘ Personen, die Incels ‚Normies‘ nennen, vor allem aber mit ‚bluepilled‘ Beta Männern. Einige von ihnen sind ‚Orbiter‘, die Frauen in Hoffnung auf sexuelle und emotionale Beziehungen umkreisen, andere führen Beziehungen mit Frauen. Letztere stehen laut Incels zwar auf der Verliererseite der Blackpill, da sie von ihren Partnerinnen als ‚Betabuxxer‘ missbraucht werden, tragen aber zum Fortbestehen des Blackpill-Systems bei, da sie Frauen in ihrem Verhalten unterstützen. Diese Betas werden generell als ‚Cucks‘ bezeichnet. Der Begriff leitet sich vom englischen Wort Cuckold ab, einer Bezeichnung für einen Mann, der seine Partnerin willentlich sexuell mit anderen Männern verkehren lässt, oder sogar Gefallen daran findet. Umgangssprachlich wird der Begriff auch für betrogene Ehemänner verwendet. ‚Getting cucked/being cucked‘ meint dementsprechend von Frauen betrogen zu werden/sein. Die Bezeichnung Cuck wird innerhalb des Forums grundsätzlich als Herablassung ggü. Männern verwendet, die sich laut Incels Frauen unterordnen:

There’s nothing lower and more pathetic than cucks.
Most cucks are living in denial.
Cucks are one of the reasons for hypergamy.
If you're getting used or screwed over then it can be said you were cucked. I understand cuck to be a femoid lapdog. They just do what they tell them to no matter what.

Cucks die arbeiten gehen und damit ihre Partnerinnen finanzieren, bezeichnen Incels als ‚Wageslaves‘ oder ‚Wagecucks‘. Diese Begriffe werden auch allgemein für arbeitende Männer verwendet, da über Steuerabgaben immer auch Frauen von deren Arbeit profitieren. Neben diesen passiven Unterstützern des auf Benachteiligung von Männern beruhenden BlackpillSystems, existieren laut Incels auch aktive Unterstützer auf Seiten der Cucks: sogenannte ‚Soyboys‘, ‚Social Justice Warrior (SJW)‘ und ‚White Knights‘. Alle diese Bezeichnungen beziehen sich auf Männer, die sich u.a. für die Rechte von Frauen einsetzen, was Incels strikt ablehnen:

males who want women to have rights and freedom are evolutionary failures.


Soyboys wären laut Forum i.d.R. vegane Beta-Frauenrechtler; SJWs setzen sich, wie der Name schon sagt, für Soziale Gerechtigkeit18 ein und pochen auf Political Correctness (was Incels ablehnen) und als White Knights werden im Forum Männer bezeichnet, die in online und offline Situationen zur „Rettung“ von Frauen kämen. All das geschieht laut Incels nicht unter der Absicht, Ungerechtigkeiten anzuprangern, sondern um von Frauen als Held angesehen zu werden und so vermeintlich an sexuelle Beziehungen zu kommen:

If you bad mouth femoids in anyway – they will take the time out of their day to tell you how you're wrong and how cum dumpsters are these great benevolent creatures of light. […] And for what exactly? Bitches don't give two fucks about white knights and cucks. […] Bitches will never give these phaggots any sex even though these cucks presume that by defending femoids they will be able to notice them and in return they'll be given sex.

Unter den Titeln „better incel than cuck“ und „better cuck than incel“ finden sich zahlreiche Threads in denen diskutiert wird, ob es nun besser wäre ‚bluepilled‘ zu sein und damit zwar in einer Illusion, dafür aber gegebenenfalls in einer Partnerschaft zu leben. Die meisten allerdings kommen zu dem Schluss, dass es die Einsicht durch die Blackpill wert ist, dafür die Chance auf eine Beziehung aufzugeben, da man so zumindest „honor and integrity“ bewahrt und kein System unterstützt, indem sich Männer Frauen unterordnen:

Genetics is destiny, it is everything, knowing this I feel suicidal but I feel wise.
If you have tiniest shred of dignity and feeling of self worth, you would never thought of being a slave of a whore.
Being a cuck shows a lack of self-respect.
Inceldom and cuckery are both misery, but at least as an incel, you have freedom.
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Selbstklassifikation

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Incels organisieren nicht nur die soziale Wirklichkeit außerhalb der Incelosphere anhand bestimmter Klassifikationen. Auch in Sachen Selbstzuschreibung führen sie ein umfangreiches Vokabular, welches auf den folgenden Seiten erläutert werden soll. Wie eingangs bereits beschrieben, sind Frauen von der Partizipation im Forum ausgeschlossen, was häufig so begründet wird, dass ein ‚involuntary celibacy‘ bei Frauen nicht vorkommen kann, da es immer einen männlichen Incel gebe, der sich dem Problem annehmen würde. Dementsprechend wird auch reagiert, wenn sich ein Nutzer als ‚Femcel‘ (Female Celibate) zu erkennen gibt:

Femcels aren't real because I'd happily fuck any of them.
Would you have sex with me so we annihilate both our inceldoms? If no, GTFO [get the fuck out].

Neben der Antwort, dass Femcels nicht existieren, wird allerdings im Thread „Would you date a femcel?“ gepostet:

My only demand is that she's white and not fat/hideously deformed. I'd date my looksmatch any time of the day, I'd even date a bit below it.

Abgesehen von der Übereinkunft, dass Frauen nicht dazugehören, wird die Frage danach, wer nun dazu berechtigt sei sich selbst als Incel zu beschreiben innerhalb des Forums ständig neu debattiert.
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Sexuelle Erfahrung: „KHHV – kissless, handholdless, hugless virgin“ Während Incels laut dem Regelwerk des Forums nicht zwangsläufig jungfräulich sein müssen, um sich als Incel verstehen zu können, sind einige Nutzer der Meinung, dass nur jene zu den ‚wahren Incels‘ gehören, die noch nie in ihrem Leben Sex hatten, die sogenannten ‚Truecels‘. Einige davon bezeichnen sich als KHHV – kissless, handholdless, hugless virgins.
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Abbildung 2: Foto des Nutzers Weed, das ein anderer Nutzer in einem Subreddit gefunden hatQuelle: https://Incels.co/is-this-guy-an-incel
Abbildung 2: Foto des Nutzers Weed, das ein anderer Nutzer in einem Subreddit gefunden hatQuelle: https://Incels.co/is-this-guy-an-incel
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In Folge der „looks determine everything“-Regel der Blackpill kann nur Incel sein, wer einen entsprechenden Mangel an Attraktivität vorweist, der als Ursache für das unfreiwillige Zölibat verstanden werden kann. Die meisten Incels sehen sich als Beta oder Omega. Die Existenz von Alpha Incels (sog. ‚Chadcels‘) wird folglich des Blackpill-Überzeugungssystems negiert. Auch sich selbst unterziehen Incels.co-Nutzer einem Rating auf einer 10-Punkte-Skala, wobei eine Selbstverortung über 5/10 große Skepsis an der Glaubwürdigkeit des Incel-Daseins innerhalb des Forums auslöst. Um ihre Unattraktivität zu verdeutlichen und nachvollziehbar zu machen, listen Nutzer zudem bestimmte äußerliche Kriterien auf, welche ihrer Meinung nach verantwortlich für ihr Incel-Dasein sind. Die Haupteigenschaft, die sie als Incel ausmacht, integrieren sie dann in eine selbstzuschreibende Begriffskombination, wie zum Beispiel: asymmetrisches Gesicht – ‚Facecel‘, kleine Körpergröße – ‚Heightcel‘/‚Manlet‘, Übergewicht – ‚Fatcel‘, Untergewicht – ‚Framecel‘, Geheimratsecken/Haarausfall – ‚Baldcel‘, Kieferfehlstellung – ‚Jawcel‘, kleines Kinn – ‚Chincel‘ usw. Incels, auf welche mehrere dieser Makel zutreffen, bezeichnen sich selbst auch als ‚Subhuman‘. Als Auswege aus der Unattraktivität werden häufig der Gang ins Fitnessstudio oder Schönheitsoperationen in Betracht gezogen. Wer wie beispielsweise sog. ‚Gymcels‘ daran arbeitet, sein Aussehen zu verbessern, der betreibt ‚Looksmaxing‘ (looks maximizing). Looksmaxing ist innerhalb der Incel-Community allerdings umstritten. Manche sind der Ansicht, dass an einem genetischen ‚subhuman‘ Erscheinungsbild auch Fitnessstudio und chirurgische Eingriffe nichts ändern können:

If you think you can looksmax and succeed get the f out of this forum you fakecel.

Andere sind der Meinung, dass es keinerlei Bemühungen kosten sollte, eine intime Beziehung mit einer Frau starten zu können:

if you have to do anything to get laid, it's over.

Für Nutzer, die gerne Looksmaxing betreiben und sich darüber bzw. ihr Aussehen insgesamt austauschen möchten, wurde eigens die Seite lookmax.me gegründet.
Einen Beweis für den Mangel an Attraktivität vorzubringen, ist auf Incels.co nicht möglich, da es die Regeln des Forums verbieten, Selfies zu posten. Umso interessanter wird es, wenn innerhalb anderer Foren oder Subreddits Fotos von Nutzern auftauchen und im Forum geteilt werden.Das Foto zeigt den Nutzer ‚Weed‘ aus dem Thread „is this guy an incel?“ mit über 200 Antworten, in dem anhand des Fotos diskutiert wird, ob sich der Nutzer als Incel bezeichnen und im Forum posten darf oder nicht. Während sich der OP (Original Poster) und andere Nutzer klar dagegen aussprechen und Weed als ‚Fakecel‘, Troll oder ‚LARPer‘21 bezeichen, versuchen andere seinem Aussehen etwas ‚incelhaftes‘ abzugewinnen:

Acne + frame and if he has [a] bland shitty personality he's in our boat. Altho he could easly get landwhales/super ugly girls. Not even gonna mention bad face symmetry and oversized bottom lip, he prolly [probably] cherry picked that.

Nutzer Weed ist durch die Zweifel der anderen gezwungen, seine Unattraktivität zu rechtfertigen:

It actually is cherry picked […] my 2nd best pic.. My worst pic shows my true subhumanity. […] I've already sent pic to Kointo and he can confirm I don't look as good as shown in OP's pic.

Positive Äußerungen über sein Aussehen sind folglich dieser Logik als Angriff auf Weeds Daseinsberechtigung innerhalb des Forums zu verstehen, während negative Äußerungen seine Zugehörigkeit konstatieren:

he has zero masculinity, he belongs.
Abbildung 2: Foto des Nutzers Weed, das ein anderer Nutzer in einem Subreddit gefunden hatQuelle: https://Incels.co/is-this-guy-an-incel
Abbildung 2: Foto des Nutzers Weed, das ein anderer Nutzer in einem Subreddit gefunden hatQuelle: https://Incels.co/is-this-guy-an-incel
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Auffällig ist, dass innerhalb der Diskussion um die Nutzerberechtigung von Weed die Aufmerksamkeit häufig auf dessen Hautfarbe gelenkt wird:

He's not good looking but he is white, with blonde hair and blue eyes. He can get a girl that should be obvious. Not to even mention that [he] would straight up slay within any "ethnic" group.
he's a slightly below average looking white guy (still leagues above ethnics), whether he's incel or not depends on location.
Just be a bug eyed ethnic is a fucking death sentence i would KILL to be that guy.

Incels machen Hautfarbe also nicht nur in ihrer Außenwelt (Chad/Tyrone), sondern auch in ihren eigenen Reihen stark relevant. Auch hier unterstellen sie der Haltung, die Frauen den verschiedenen ‚Rassen‘ entgegenbringen, eine Asymmetrie:

White race signals power and status to women. They subconsciously think their offspring will face hardships if they mate with a man of inferior race.

Diese Ansicht äußern einige im Leitsatz „just be white (JBW)“ und im Konzept der ‚Racepill‘. JBW-Befürworter sind der Meinung, dass es für weiße Männer kaum möglich ist Incel zu sein, wenn diese bereit wären, ein intimes Verhältnis mit nicht-weißen Frauen einzugehen. JBW-Aussagen werden von Seiten weißer Incels häufig mit dem „big black cock (BBC)“Argument gekontert. Soll heißen: Frauen präferieren schwarze Männer auf Grund der Größe ihres Gliedes, mit der weiße Incels nicht mithalten könnten. AfrikanerInnen und AfroamerikanerInnen werden im Forum häufig abwertend als ‚Nigger‘ bezeichnet, Männer und Frauen aus Nordafrika und dem Nahen Osten als ‚Sandnigger‘, alle anderen nicht-weißen Personen als ‚ethnics‘, wobei diese Begriffe auch als Selbstzuschreibung verwendet werden. Die ‚Racepill‘ ist eine gemäßigtere Position, die besagt, dass ein ‚ethnisches‘ Aussehen automatisch zu einem niedrigeren Ranking in Sachen SMV (sexual market value) führt, was aber nicht bedeutet, dass deshalb alle weißen Incels automatisch einen hohen SMV hätten, lediglich einen höheren:

Being ethnic is an automatic -3 point penalty to smv, it's that bad. Women are inherently racist, its like it's wired into their biology especially in the west. Being white is a +2 unless you are deformed.

Auch Nationalität spielt in der Selbstklassifikation von Incels eine große Rolle. Inder werden zu Currycels, Asiaten zu Ricecels. Meist erfolgt die Selbstklassifikation nach Hautfarbe oder Nationalität vor dem Hintergrund, anhanddessen eine Hierarchie zu konstruieren. So gibt es zahlreiche Threads wie „The Official Male Looks Race Hierarchy is White>Black>Latin/Arab>Curry>Rice>Abo” oder Abstimmungen zum Thema „Which Is Worse? Ricecel Or Currycel?“ usw.

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Innerhalb der Incel-Community gibt es verschiedene Umgangsweisen mit der Erkenntnis durch die Blackpill. Während manche Nutzer versuchen ihr Aussehen und damit ihren SMV aufzuwerten (‚looksmaxing‘), sind andere der Auffassung, dass derartige Versuche nur Selbstbetrug sind und echte ‚blackpilled‘ Incels wissen, dass es keine Lösung für ihr Inceldom gibt: Sie sind involuntary celibate auf Grund eines unüberwindbaren Mangels an Attraktivität, dass selbst nach regelmäßigen Fitnessstudiobesuchen und anderen Maßnahmen keine Frau sich je für sie interessieren wird.
Einige Incels suchen Ablenkung in Bildung oder Arbeit, andere verweigern die Partizipation am gesellschaftlichen System durch Arbeit bzw. das Zahlen von Steuern, welche lediglich Frauen zu Gute kämen, zum Beispiel durch Frauenhäuser, subventionierte Schwangerschaftskontrollen, etc.:

Woman mainly consume taxes with benefit programs and welfare programs towards themselves, while men mainly pay taxes and support the system. Woman are complete leeches on society, they take, take, and take, but they never contribute.
They seem to be entitled to my tax dollars for birth control to fuck other men, weird how it doesn’t go both ways.

Diese Überzeugung manifestiert sich im NEET-Lifestyle, der von vielen Incels gepflegt wird. NEET steht für ‚No Education, Employment or Training‘. Dieser Lifestyle ist häufig mit dem Leitsatz ‚Lay Down And Rot‘ (LDAR) gekoppelt. LDAR bedeutet, dass man durch die Einsicht der Blackpill die Ausweglosigkeit der eigenen Situation akzeptiert und seine Tage in Isolation verbringt, da ein Leben als Incel durch die Unmöglichkeit eine (Sexual-)Partnerin zu finden keinerlei positive Facetten birgt.

For most of my NEET existence, I've been doing an extreme form of LDARing where I just mindlessly scroll through websites and listen to podcasts while barely even retaining anything. More recently I've been reading books, but I often relapse into that depressive daze where my eyes just glaze over the computer screen. I go into full zombie mode. It's so horrible, I wish I had a dignified structure to my life. But the only alternative to NEETdom is wageslavery.

Gegenteilige Aussagen werden als ‚cope‘, als Bewältigungsstrategie abgetan, die letztendlich nichts am Missstand der Partnerlosigkeit ändert. So wird die MGTOW-Bewegung (Men Going Their Own Way), innerhalb derer Männer ohne jegliche Beziehung zum weiblichen Geschlecht versuchen ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen, genauso wie Incels die mit dieser Einstellung sympathisieren, im Forum häufig verurteilt:

MGTOW is cope, you know deep down. no cope can replace the love and affection a female can give you.
Mgtow and incels differ in the belief that one can be happy without romantic relationships.

Die Aussichtslosigkeit wird häufig durch die Aussagen ‚„it’s over“ oder „it never even begun“ ausgedrückt. Teilweise werden diese durch ein „go rope“, den Aufruf zum Suizid ergänzt. Suizid als Ausweg aus dem Inceldom ist ein präsentes Thema im Forum. Chads und Stacys in einer Beziehung zu sehen wird beispielsweise als „rope material“ oder „suicide fuel“ bezeichnet.

On one hand if I stop going out altogether to reduce the intake of suicide fuel, I'm accepting inceldom forever. On the other hand what I want is to lock myself in the house and never come out again.(What I want even more is to kill myself but I care about family so I'll wait until my parents die).
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Auch innerhalb des Forums gibt es je nach Anzahl der Posts und der jeweiligen Funktion im Forum verschiedene Bezeichnungen. Je mehr man postet, desto höher das Ranking. Die Rankings lassen sich den einzelnen Profilen anhand der entsprechenden Farbe der Nutzernamen ablesen. Je mehr ein Nutzer in die Nähe eines neuen Rankings gelangt, desto mehr Sterne (bis zu 5) erscheinen unter seinem Namen. Auch Postings kann man diese Informationen, so wie das Eintrittsdatum, eine kurze Selbstbeschreibung und die genaue Anzahl an geposteten Nachrichten plus die zusammengezählte Zeit online (vgl. Bannerbild). Die Rankings werden häufig als prestigeträchtige Positionierung neuen Nutzern gegenüber erwähnt. So schreibt ein Nutzer „Fuck I wish I had your post count so i could mog all newfags into oblivion”. Wirklich relevant werden sie allerdings in Verbindung mit dem Eintrittsdatum, wenn es um die Glaubhaftigkeit von Nutzern geht. Bei kontroversen Postings werden Recruits, die sich erst kurz vorher angemeldet haben mit Hinweis auf diese Informationen häufig als Troll, LARPer oder Fakecel bezeichnet. 
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Selbstverständnis als Opfer

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Auch wenn Incels versuchen ihre individuellen Lebens- und Leidensgeschichten in eine allumfassende Theorie über Geschlecht und Gesellschaft zu betten, so kommt das vorherrschende Gefühl der Benachteiligung nicht aus einer abstrakten Reflektion sozialer Verhältnisse, sondern aus der Konfrontation mit ihrem sozialen Umfeld (vgl. Kimmel 2013: 22). Es sind die sexuell erfolgreichen Chads, Tyrones, Stacys und Frauen im Allgemeinen aus ihrem Umfeld, die in ihnen ein Gefühl der Unterdrücktheit und damit der Opferrolle evozieren.

Incels erkennen demnach in der Gesellschaft kein Patriarchat, da sie sich selbst nicht in einer Vormachtstellung Frauen gegenüber sehen. Im Gegenteil, sie fühlen sich machtlos. Das gilt für sämtliche Nutzer der Manosphere, wie Michael Kimmel schreibt:

[They] agree emphatically when men say they feel powerless. They each have a different bogeymen […] - liberal Democrats, feminists, and their lackey lawyers, the International Jewish Banking Conspiracy. But they all agree that when men say they don't feel powerful, it is an accurate assessment of their situation (Kimmel 2013: 185).

Und wie Thomas (1966) feststellt, gilt: „situations we define as real become real in their consequences“ (Thomas 1966: 301).
Für Incels ist ihre Machtlosigkeit real. Sie verstehen sich und handeln als Opfer:

„We are victims of the modern society“

– Opfer des Feminismus; Opfer einer ‚bluepilled‘ und ‚cucked‘ Gesellschaft, die sich für die Rechte von Frauen einsetzt; Opfer von Chads und Tyrones, die ihnen die Frauen wegnehmen; Opfer der Frauen, die kein Interesse haben, (sexuelle) Beziehungen mit ihnen zu führen; Opfer eines normativen Attraktivitätskonzepts. Die Opferrolle sollte hier (wie in anderen Kontexten auch) allerdings nicht als passiv und ohne Handlungsträgerschaft verstanden werden, sondern im Gegenteil, so Hoondert et al. (2018):

[V]ictims do not simply have things done to them […]. Victims have agency, they often have a political will and they actively give meaning to victimhood through various practices (Hoondert et al. 2018: 3).

Da das Selbstverständnis als Opfer neben Unattraktivität, Zölibat, usw. eines der identitätsstiftenden Merkmale innerhalb der Community ist, versuchen Incels die eigene Opferrolle in sämtlichen Kontexten als schwerwiegender darzustellen. So gibt es zahlreiche Threads, die versuchen, Incels als die ‚wahren‘ Opfer darzustellen, beispielsweise

„Incels and male rape victims have it worse than female rape victims“.

Darauf, warum die eigene Opferschaft nicht von der Gesellschaft anerkannt wird, gibt es innerhalb des Forums auch Erklärungen:

You're right about [that] being a "victim" [is] being [in] a position of extreme power nowadays. […] That's why feminists and leftists have been not only demonizing incels and saying we're all terrorists and white supremacists, but also trying to downplay our claims that we suffer because we don't have sex.
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Vom Opfer zum Täter

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Mit der Selbstklassifikation als Opfer zwingt sich Incels die Frage auf, wer ihnen die Möglichkeit auf ein glückliches Leben genommen hat. Die Antwort darauf liefert ihnen die Blackpill: Frauen bzw. der Feminismus und die sexuelle Revolution. Ihrer Ansicht nach hat sich ‚ihre‘ Situation, d.h. die vermeintlich unattraktiver Männer, erst mit der sexuellen Revolution und dem Aufkommen von Feminismus drastisch verschlechtert. Denn je mehr Freiheiten Frauen in Sachen Partnerwahl haben, desto kleiner die Chancen für Incels, dass diese sich für einen von ihnen entscheiden.

Before feminism and sexual liberation a women would be expected to marry a single guy and have sex with only that guy. Since chads are a small part of the population then only a few women could get chad, the rest had to marry their looksmatch or an uglier guy. Then feminism and sexual liberation would allow women to have sex with as many men as they want, and not have to be married, this led to most women going after chad, and the ugly/average men being left with no women.

Indem Incels Frauen und den Feminismus als Täter, als Schuldige für die miserable Situation, in der sie sich befinden, festlegen, schreiben sie beiden Instanzen wesentlich mehr Macht und Einflussvermögen zu, als diese eigentlich haben, so Kimmel:

It grants them far more power - the power to take away from you that to which you are entitled - then they actually have; the 'other' always looms large in the analysis of your own plight. (Kimmel 2013: 24)

Die Überzeugung der eigenen machtlosen Opferposition und demgegenüber die Täterschaft von Frauen bzw. einer feministischen Gesellschaft liefert Incels ein normatives Handlungsschema, eine „logic of action“, wie Blommaert (2018) schreibt:

What [they] learned and developed in [those] communities of knowledge was a strongly normative ('normal') sense of being and of action - a logic of action […]. [They] derived from [their] engagement in those communities an absolute certainty about [the] identity as a victim of a world that conspired to steal away [their] (sexually focused) happiness, and enough of a commitment to take this logic of action to its very end, where the victim becomes the perpetrator. (Blommaert 2018: 209f)

Die eigene Opferrolle bestätigt Incels so einen „moral highground“ (Marwick, Caplan 2018: 545), aus welchem heraus sie letztendlich eine Rechtfertigung für ihr Handeln als Täter ableiten.
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Verbale, imaginierte und voyeuristische Gewalthandlungen

In diesem Beitrag wird beispielsweise ein Video gefeiert, indem ein Mann zunächst eine Frau schlägt und im Anschluss selbst verprügelt wird. https://incels.co/threads/based-nigger-beats-up-foid-only-to-get-beat-up-himself-gthih-you-will-love-this.215418/
In diesem Beitrag wird beispielsweise ein Video gefeiert, indem ein Mann zunächst eine Frau schlägt und im Anschluss selbst verprügelt wird. https://incels.co/threads/based-nigger-beats-up-foid-only-to-get-beat-up-himself-gthih-you-will-love-this.215418/
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Die Täterschaft von Incels lässt sich hauptsächlich auf Gewalthandlungen und Gewaltverherrlichung innerhalb des Forums beschränken. Diese lassen sich in drei Kategorien fassen: verbale, imaginierte und voyeuristische Gewalthandlungen.
Verbale Gewalthandlungen sind Beschimpfungen und Herablassungen sprachlicher Art, imaginierte Gewalthandlungen die Vorstellung und sprachliche Darstellung von potentiellen Gewaltakten und voyeuristische Gewalthandlungen das Rezipieren von Gewaltakten in medialer Form. Gewalthandlungen werden i.d.R. an einen von Incels klassifizierten Personentypus wie Foids, Cucks usw. adressiert, ein individueller Adressat ist selten anwesend. Was verbale Gewalt angeht, pflegen Incels in ihrer Sprachpraxis eine ganze Reihe von Beschimpfungen, Diffamierungen und Herablassungen gegenüber denjenigen, die sie in der Verantwortung für die Destabilisierung der Geschlechterverhältnisse zu ihren Ungunsten sehen, z.B. Feminazis (Feministinnen), Foids (um nur eine von vielen herablassenden Bezeichnungen für Frauen zu nennen), Cucks, Soyboys, bluepilled Normies usw. Es gibt eine Vielzahl an Threads, deren Inhalt lediglich darin besteht, den Hass den einzelnen Gruppen gegenüber kundzutun, zum Beispiel der Thread

„Who do you hate more, Chads or foids?“

mit den Antworten:

I hate cucks more than anything.
I hate chads, foids and soyboys equally.

Imaginierte Gewaltakte bestehen in Vorstellungen von Vergewaltigungen, Verätzungen, Tötungen und weiteren Gewalthandlungen anderen Personen gegenüber. Die imaginierten Opfer sind dabei die gleichen wie bei verbaler Gewalt: Frauen, Cucks, usw.

I would like to kill all femoidists, but torture them before they done.
i just want to chain one [women] to the kitchen sink and use her as slave and sex doll.
cucks like that deserve to die an agonizing death.

Voyeuristische Gewaltakte bestehen im Rezipieren von gewaltvollen Inhalten in Form von Bild- oder Videobeiträgen. Es kursieren sowohl virtuelle, fiktive als auch reale Inhalte. Dabei spielt es keine Rolle, von wem die Gewalt ausgeht und gegen wen sie gerichtet ist: Wenn es von Alphas gegen Betas gerichtete Gewalt ist, so unterstützt dieser Inhalt die Annahme einer Unterdrückung zu Ungunsten von Betas, wenn gegenteiliges der Fall ist, wird dies als ein Akt der Befreiung des Betas aus dem Unterdrückungssystem interpretiert. Gleiches lässt sich auf Gewaltakte von Frauen zu Männern vs. Männern zu Frauen übertragen usw. So wird die Einbettung der Inhalte innerhalb der Blackpill-Ideologie trotz Kontroversen stets gewährleistet.
 
In diesem Beitrag wird beispielsweise ein Video gefeiert, indem ein Mann zunächst eine Frau schlägt und im Anschluss selbst verprügelt wird. https://incels.co/threads/based-nigger-beats-up-foid-only-to-get-beat-up-himself-gthih-you-will-love-this.215418/
In diesem Beitrag wird beispielsweise ein Video gefeiert, indem ein Mann zunächst eine Frau schlägt und im Anschluss selbst verprügelt wird. https://incels.co/threads/based-nigger-beats-up-foid-only-to-get-beat-up-himself-gthih-you-will-love-this.215418/
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Mass Shootings, die Huldigung von Amokläufern und das Beta Uprising

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Neben den gewaltverherrlichenden Inhalten der Foren werden Incels auch mit Gewalthandlungen in Form von Amokläufen in Verbindung gebracht bzw. bringen sich selbst damit in Verbindung, in dem sie den Täter als Incel identifizieren und ihm innerhalb der Community einen Märtyrer-Status verleihen. Einer der bekanntesten Amokläufe in den USA ist das Virginia Tech Shooting von 2007 (Blacksburg, Virginia) bei dem der 23-jährige Seung Hui Cho 32 Personen tötet und sich anschließend selbst das Leben nimmt (vgl. Blommaert 2018: 201). Cho wird im Forum Saint Cho oder General Cho genannt, an seinem Todestag wird zu einer Schweigeminute aufgerufen.

Ähnlich verhält es sich mit dem 25-jährigen Marc Lépine, der 1989 14 Studentinnen der École Polytechnique in Montreal tötet. Er hinterlässt eine Notiz:

„I have decided to send the feminists, who have always ruined my life, to their maker“ (DiBranco 2018: 3).

Oder George Sodini, der als 48-Jähriger 2009 drei Frauen in einem Fitnessstudio in Pennsylvania tötet. Auch er hinterlässt Notizen und einen Online-Blog, indem er erklärt, dass er von über „30 million women rejected“ wurde und sein Racheplan es war

„[to] prevail over the female vipers“ (Kimmel 2014).

Es gibt zahlreiche Threads unter dem Motto „Who's Your Favorite Incel Hero?“ oder „Who's your favorite mass murderer or serial killer?“.
Cho, Lépine und Sodini sind nur einige Beispiele - die Liste der Amokläufer, denen im Forum als „Saints“ oder „Incel Heros“ gehuldigt wird, kann um eine Vielzahl an Namen ergänzt werden. Die Amokläufe werden miteinander nach Taktik, Anzahl usw. verglichen, die Täter werden auf ihr mögliches Incel-Dasein hin geprüft.

Für die Incel-Community am ausschlaggebendsten ist allerdings das Shooting des 22-jährigen Elliot Rodger, der sechs Student*Innen auf dem Campus der University of Santa Barbara tötet und 14 weitere verletzt, bevor er sich selbst das Leben nimmt (vgl. Blommaert 2018: 194). Vor seinem Amoklauf versendet er ein 137 Seiten langes Manifest ‚My Twisted World: The Story of Elliot Rodger‘ und hinterlässt einige YouTube-Videos. Sein Manifest beginnt er mit folgenden Worten:

All of my suffering on this world has been at the hands of humanity, particularly women. It has made me realize just how brutal and twisted humanity is as a species. All I ever wanted was to fit in and live a happy life amongst humanity, but I was cast out and rejected, forced to endure an existence of loneliness and insignificance, all because the females of the human species were incapable of seeing the value in me (Rodger 2014: 1).

Auch Rodger macht explizit Frauen für sein Unglück verantwortlich. Der Unterschied zu anderen Mass Shootern liegt darin, dass Rodger vor seinem Amoklauf einschlägige Subreddits und Websites der Manosphere wie r/ForeverAlone und PUAHate.com (nach dem Shooting in sluthate.com, später redpilltalk.com umbenannt) frequentiert (vgl. DiBranco 2018: 3).

The Spring of 2013 was also the time when I came across the website PUAHate.com. It is a forum full of men who are starved of sex, just like me. Many of them have their own theories of what women are attracted to, and many of them share my hatred of women, though unlike me they would be too cowardly to act on it. Reading the posts on that website only confirmed many of the theories I had about how wicked and degenerate women really are (Rodger 2014: 117f).

Die Theorien innerhalb der Manosphere liefern Rodger die rechtfertigende Grundlage für seine gewaltvollen Handlungen (vgl. Blommaert 2018). Auch ihm wird etwas vorenthalten, von dem er überzeugt ist, dass es ihm zustünde, etwas, zu dem er sich ‚entitled‘ sieht, was bei einem Nichterreichen zu dem von Kimmel so genannten ‚Aggrieved Entitlement‘ (vgl. Kimmel 2014) führt.

I was desperate to have the life I know I deserve; a life of being wanted by attractive girls, a life of sex and love. Other men are able to have such a life… so why not me? I deserve it! I am magnificent, no matter how much the world treated me otherwise. I am destined for great things. […] I am an intelligent gentleman, and I deserve the love of girls more than the other obnoxious boys of my age, and yet they get girls and I don’t. That is a crime that can never be forgotten, nor can it be forgiven. […] I was giving the world one last chance to give me the life that I know I’m entitled to, the life that other boys are able to live with ease. (Rodger 2014: 81f).

Auch er sieht sich als Opfer und versteht dies als Legitimation des bevorstehenden Amoklaufs.

All I ever wanted was to love women, and in turn to be loved by them back. Their behavior towards me has only earned my hatred, and rightfully so! I am the true victim in all of this. I am the good guy. Humanity struck at me first by condemning me to experience so much suffering. I didn’t ask for this. I didn’t want this. I didn’t start this war… I wasn’t the one who struck first… But I will finish it by striking back. I will punish everyone. And it will be beautiful. Finally, at long last, I can show the world my true worth (Rodger 2014: 137).

Nach Rodgers Mass Shooting, das als Amoklauf von Isla Vista in den Medien starke Präsenz findet (vgl. Blommaert 2018: 202), steigt die Mitgliederzahl des von ihm frequentierten Subreddits r/ForeverAlone von 30.000 auf 200.000 Mitglieder (DiBranco 2018, S.3f). Auch wenn einige Nutzer Amokläufe kritisch betrachten, da sie die Incel-Community in einem schlechten Licht dastehen ließen, wird Rodger neben den bereits genannten Amokläufern auf Incels.co als Märtyrer verehrt. Sein Manifest und letztes Video werden geteilt und diskutiert, das Wissen um seine Person bei Mitgliedern vorausgesetzt: So werden die Initialen von Rodger (E und R) von einigen Nutzern in einzelnen Wörtern („I’m not driven by feeling, I’m just driven by angER“) oder in der Bezeichnung „hERo“, die für Amokläufer verwendet wird, als Großbuchstaben markiert um Rodger zu huldigen; „Going ER“ wird als Synonym für Amoklaufen verwendet, sein Foto taucht in zahllosen Memes und Avataren auf.

Rodger, der ‚Supreme Gentleman‘, wie er sich in seinem letzten Video selbst nennt, wird zur Identifikationsfigur für viele Incels und zum Sinnbild des sogenannten ‚Beta Uprising‘ bzw. der ‚Incel Rebellion‘. Unter diesen beiden Begriffen wird im Forum über die Möglichkeit eines Ausbruchs aus dem unterdrückenden System fantasiert. Amokläufe, Säureattacken, Massenvergewaltigungen und Massensuizid sind einige der Möglichkeiten, die in Betracht gezogen werden, um dem Inceldom ein Ende zu setzen.

Die Idee, sich aus dem vermeintlichen Unterdrückungssystem zu befreien, wird rege diskutiert, auch wenn eine Vielzahl an Nutzern die tatsächliche Umsetzung dessen kritisch sieht und die Ausweglosigkeit der Situation betont:

There have always been incels; there always will be. All the talk of revolution is mental mind fucking. Feminists are not going anywhere. Neither are alpha males. There is no united incel banner to rally around. No one seems to agree what a "true" incel even is. This is a place for ugly, sexually frustrated young men (like myself) to commiserate and talk smack. All the "just you wait" or "you'll be sorry one day" talk is just that: talk. Take the black pill and resign yourself to our respective lots.

Dennoch gibt es auch diejenigen, die versuchen, eine Incel-Rebellion durchzusetzen. Im April 2018 tötet Alek Minassian 10 Passant*Innen mit einem Van auf einem Bürgersteig in Toronto. Sein letzter Facebook Eintrag lautet:

The Incel Rebellion has already begun! We will overthrow all the Chads and Stacys! All hail the Supreme Gentleman Elliot Rodger! (vgl. Janik 2018).

Sieben Monate später, im November 2018, dringt der 40-jährige Scott Beierle in ein Yogastudio in Tallahassee (Florida) ein und erschießt zwei Frauen (vgl. Zaveri et al. 2018). Auch er hinterlässt einige Videos, die auf Incels.co geteilt werden. In einem davon bezieht er sich auf Elliot Rodger:

I’d like to send a message now to the adolescent males ... that are in the position, the situation, the disposition of Elliot Rodger, of not getting any, no love, no nothing. This endless wasteland that breeds this longing and this frustration. That was me, certainly, as an adolescent.

Minassian und Beierle reihen sich als „Saint Alek“/„Saint Minassian“ und „Saint YogaCel“ so in die Liste der Amokläufer ein, die im Forum für ihre Tat gefeiert werden.
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Theorien

Normative Männlichkeit

Normative Männlichkeit
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Die Selbstidentifikation als Incel geht zwangsläufig mit der Identifikation als Mann einher, weshalb das Thema Männlichkeit im Forum ständig relevant gemacht wird. Wenn man das Konzept von Männlichkeit betrachtet, das im Forum vorherrscht, stellt man fest, dass Mann-Sein hier mit Sein-Sollen verbunden ist. Ob Aussehen, Verhalten oder Errungenschaften – Incels übernehmen gesellschaftliche Vorstellungen davon, was es bedeutet ein Mann zu sein:

A man should always height mog [mock] [durch Größe ‘verhöhnen’] the woman by at least 5 or 6 inches.

Teen love/college sex are basic formative experiences a man should have. Without these you are deemed inferior by others.

I'm in my mid-30s, when a man should be making the best money of his life.

Sie folgen somit einer Idee von Männlichkeit, die Raewyn Connell als Normative Männlichkeit beschreibt (vgl. Connell 1999: 122). Demnach ist die Rolle des Mannes innerhalb der Gesellschaft an spezifische soziale Normen gekoppelt, oder wie Bourdieu (1997) schreibt: "Der Mann ist also, wie es der Umstand zeigt, daß es, wenn man ihn loben will, zu sagen genügt: »Das ist ein Mann« - ein Wesen, dessen Sein ein Sein-Sollen impliziert, das im Modus dessen, was sich fraglos von selbst versteht, auferlegt ist: Mann zu sein heißt, von vornherein in eine Position eingesetzt zu sein, die Befugnisse und Privilegien impliziert, aber auch Pflichten, und alle Verpflichtungen, die die Männlichkeit als Adel mit sich bringt (Bourdieur 1997: 188).
Einige dieser gängigen Rollenerwartung an das männliche Geschlecht lehnen Incels allerdings ab. Während sie den Privilegien, die Mann-Sein mit sich bringt, gegenüber blind sind (vgl. Massanari 2017: 332), sehen sie sich seitens der Gesellschaft mit Verpflichtungen konfrontiert, denen sie weder nachkommen können noch wollen.

Single men should not be paying tax.
I have never asked a female for her phone number/contact info. Men SHOULD NOT be the ones to have to do this.

In ihrer Konstruktion eines Idealtypus von Männlichkeit verurteilen sie einen Großteil der gesellschaftlichen Erwartungen, die an ihre Rolle als Mann geknüpft sind, während sie sich für ein regressives Konzept von Männlichkeit und damit einhergehenden Normen aussprechen. Diese beruhen auf ihrem Verständnis einer Überlegenheit des männlichen Geschlechts (male supremacy):

If anything men should have much more value than women because men are literally better at everything. There hasn´t been a single woman in 2000 years that brought any sort of value to society. All of the influental people throughout history were men.

Men are reason. Men have understanding of what is moral and what isn't. Males are stoic and better at taking acton/decisions. Because of this, men should control women and take decisions for them. Only a man knows what's good for a woman.

Diese ‚Überlegenheit durch Männlichkeit‘ wird Incels in sozialen Kontexten außerhalb des Forums allerdings nicht bestätigt, was zu Frust und Wut gegenüber der Gesellschaft führt, so Angela Nagle:
"One key source of their rage – against both the sexual pecking order and society at large – is that their own sense of superiority over the masses, the unspecial 'normies,' is not reflected back to them by others in real life" (Nagle 2016: 3).
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Aggrieved Entitlement

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An das normative Verständnis von Männlichkeit, das Incels führen, sind Ansprüche auf bestimmte Dinge geknüpft. Insbesondere dann, wenn es um die Beziehung zu Frauen geht. Hier pochen viele neben Aufmerksamkeit und Zuneigung von Seiten der Frauen auf ein ‚sexual entitlement‘, die Anspruchsberechtigung auf sexuelle Beziehungen.

Only cucks think men aren't entitled to get sex easily.

I am entitled to a woman's pussy. I am entitled to affection.

White foids owe me sex just because I'm a white man, the class that gave them everything they treasure.

Der Anspruch auf Sex wird Incels von Seiten der Frauen allerdings verwehrt. Den Zustand, der daraus resultiert, bezeichnet Michael Kimmel als ‚Aggrieved Entitlement‘ (zu deutsch etwa ‚gekränkte Anspruchsberechtigung‘). Aggrieved Entitlement ist das Gefühl, das sich einstellt, wenn einem die Ansprüche, zu denen man sich berechtigt fühlt, genommen werden.

"It is that sense that those benefits to which you believed yourself entitled have been snatched away
from you by unseen forces larger and more powerful." (Kimmel 2013: 19)

Die „benefits“ bestehen für Incels in (sexuellen) Beziehungen zu Frauen. Dieser Anspruch ist für sie unmittelbar mit ihrem Mann-Sein gekoppelt. Feminist*Innen, die sich für die Selbstbestimmungsrechte von Frauen einsetzen, erschweren Incels jedoch die Befriedigung dieser Ansprüche. So lässt sich auch ihre Abneigung gegenüber dem Feminismus im Allgemeinen und sog. Cucks, White Knights usw. erklären: All jene Männer, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen, tun dies laut Incels unter dem Verlust der eigenen Männlichkeit und sind Produkte einer entmännlich-
ten Gesellschaft:

Feminism emasculated men to a point where most are now beta cucks and are afraid of saying anything bad towards femoids because they think it will ruin their chances with them.

Cucks and feminists are the reason that we are incels!!!!

Dass Frauen die Möglichkeit gegeben wird, selbst darüber zu entscheiden, mit wem sie sexuelle Beziehungen eingehen, wird von Incels durch ihr Verständnis von ‚sexual entitlement‘ als Angriff auf ihre Männlichkeit verstanden, welche sie ohne sexuelle Beziehungen nicht ausleben können.
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Gewalt als restaurative Praxis

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Incels haben das Gefühl, dass ihnen etwas vorenthalten wird, was ihnen eigentlich durch ihre Männlichkeit zusteht: die Befriedigung ihrer (sexuellen) Bedürfnisse und Interessen. Dies führt zu der Bestrebung, eine „dominante [Form von] Männlichkeit wiederherzustellen“ (Connell 1999: 138), bei der die Negierung ihrer Bedürfnisbefriedigung seitens der Frauen unmöglich gemacht wird. Eine Möglichkeit dies umzusetzen, ist die Anwendung von Gewalt. Selbst zum Täter zu werden, kann im Falle der Incels somit als Methode verstanden werden, die gewünschten Machtverhältnisse, die sie in Bedrohung sehen, wiederherzustellen.

"[V]iele Mitglieder der privilegierten Gruppe [benutzen] Gewalt, um ihre Dominanz zu sichern […]. Die meisten Männer belästigen oder attackieren Frauen nicht. Aber jene, die es tun, werden ihr Verhalten kaum als deviant betrachten. Ganz im Gegenteil, sie haben meistens das Gefühl, vollkommen im Recht zu sein. Sie fühlen sich von einer Ideologie der Suprematie ermächtigt." (Connell 1999: 137)

In diesem Sinn lassen sich Gewalthandlungen als restaurative Praxis zur Wiederherstellung von einer Geschlechterhierarchie zu Gunsten von Männern verstehen. Dieser Logik folgend argumentieren auch verurteilte Gewalttäter selbst, so Kimmel: „Men who have been convicted of rape and domestic violence tell a similar story - about how they got even with women, how they got revenge“ (Kimmel 2013: 183).
Wenn unter der Idee eines Beta Uprising oder der Incel-Rebellion über gewaltvolle Ausgänge aus dem Inceldom diskutiert wird, dann steht dabei häufig Rache im Sinne der Herstellung eines Gleichgewichts bezüglich des erfahrenen Leids der Incels im Vordergrund:

Acid-facing a Chad or Stacy is much more preferable to killing them. Making them suffer as you have if not much worse is the ultimate revenge. What's the point of killing them? They should instead experience life through an incel's eyes. It's actually more understandable to disfigure someone instead of out-
right murder them.

Wenn Rodger schreibt „I wasn’t the one who struck first… But I will finish it by striking back“, dann weil er der Überzeugung ist, dass ihm bereits jahrelang Unrecht widerfahren ist, wogegen er sich auflehnen muss. „I was giving the world one last chance to give me the life that I know I’m entitled to“ – Rodger weiß um seine Ansprüche auf ein bestimmtes Leben. Die Welt hatte die Chance Rodger die ihm bisher vorenthaltenen Privilegien zukommen zu lassen. Da seine Ansprüche jedoch nicht erfüllt werden, bleibt Rodger in seinen Augen nur das Mittel der Gewalt, um das gewünschte und für rechtmäßig empfundene Machtverhältnis widerherzustellen: „Violence is the way to restore what should have been in the first place“ (Kimmel 2013: 189).
Wenn Incels.co-Nutzer sich herablassend gegenüber Frauen äußern, dann proklamieren sie darin die von ihnen angenommene männliche Superiorität; wenn sie profeministische Männer als Cucks bezeichnen, dann um sich durch diese Diffamierung von diesen abzugrenzen und die Vormachtstellung zu verdeutlichen, von der sie sich sicher sind, dass sie ihnen zukommt und zusteht – unabhängig davon, dass sie dies nicht in ihrer aktuellen Wirklichkeit rückgespiegelt bekommen.
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Die Krise des Mannes

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Laut Connell lässt sich das Aufkommen von Gewalt innerhalb eines Herrschaftssystems als „Maß für seine Mangelhaftigkeit“ verstehen. „Eine vollkommen legitimierte Herrschaft hätte Einschüchterung weniger nötig.“ Demnach deute das „Ausmaß an Gewalt […] auf die ‚Krisentendenz‘ […] der modernen Geschlechterordnung“ (Connell 1999: 138). Dies geht Hand in Hand mit dem Verständnis des Einsatzes von Gewalt als restaurative Praxis. Das Bestreben etwas wiederherzustellen setzt voraus, dass zunächst etwas zerstört, irritiert oder in irgendeiner Form aus dem Gleichgewicht gebracht wurde.
In ihrer starken ‚wir‘-‚die‘-Unterscheidung, die Incels in der Grenzziehung vom anderen Geschlecht vornehmen, nehmen sie die Veränderung der gesellschaftlichen Geschlechterordnung als Nullsummenspiel wahr: Wenn auf Seiten der Frauen durch die sexuelle Revolution und den Feminismus ein Gewinn zu verzeichnen ist, dann kann das nur mit erheblichen Machtverlusten auf Seiten der Männer einhergehen (vgl. Kimmel 2013: 16).
Die Legitimation der patriarchalen Macht ist zusammengebrochen und eine weltumspannende Bewegung für die Emanzipation von Frauen ist entstanden. Gefördert wird diese Entwicklung durch den Widerspruch zwischen der mangelnden Gleichberechtigung der Frauen einerseits und der universellen Logik moderner Staatsstrukturen und Marktmechanismen andererseits. (Connell 1999: 139)
Frauen kündigen nach und nach ihre bürgerlichen Pflichten auf. Mit dieser Veränderung des weiblichen Rollenbildes geht zwangsläufig eine Veränderung des männlichen Rollenbildes einher – die männliche Vormachtstellung wird in Frage gestellt. Diese Entwicklung ist es, die von Incels als Bedrohung wahrgenommen wird und die Basis dafür, dass sie der (Welt-)Gesellschaft eine ‚Verweiblichung‘ und damit dem männlichen Geschlecht eine Krise unterstellen (vgl. Howe 2008: 245).
Diese nicht nur von Incels, sondern auch von anderen MRAs subjektiv empfundene ‚Krise der Männlichkeit‘ darf dabei nicht – wie im populären Männlichkeitsdiskurs aber auch vereinzelt in der Männlichkeitsforschung (vgl. Connell 1999: 138; Scholz 2015: 20) – als analytische Kategorie verstanden werden. Laut Connell setzt der „Begriff ‚Krise‘ […] irgendein kohärentes System voraus, das als Resultat der Krise zerstört oder wiederhergestellt wird“ (ebd.). Da sich Männlichkeit nicht als System, sondern vielmehr als Praxis, als ‚doing masculinity‘ konstitutiert (vgl. Scholz 2015: 25f), kann auf analytischer Ebene so nicht von einer Krise, sondern vielmehr von einer „Transformation“ (Connell 1999: 138) dieser Praxis die Rede sein.
Diese Transformation und die damit verbundene „Auflösung von Sicherheiten“ (Meuser 2001: 9f), die mit der Veränderung der Geschlechterodnung einhergehen, sind es, die auf subjektiver Ebene von Incels als Krise empfunden werden und die sie ausgehend von sich selbst der Gesellschaft und ihren Geschlechtsgenossen unterstellen.
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Der homosoziale Raum als Ort der Männlichkeitsproduktion

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In Zeiten von Unsicherheiten, wie sie die Veränderung der Geschlechterverhältnisse für einige Männer mitzubringen scheint, dienen homosoziale Räume der Rückversicherung von Männlich-
keitskonzeptionen (vgl. Meuser 2001). Homosozialität bezieht sich in diesem Kontext auf „die räumliche Separierung exklusiv-männlicher Sphären, d.h. die Konstitution von Orten, zu denen
Frauen der Zutritt verwehrt wird“ (Meuser 2001: 13). Hier können Männer noch Männer sein – ohne Gefahr zu laufen, sich dabei zu blamieren oder von Frauen für ihr Verhalten an den Pranger
gestellt zu werden:

Der Ausschluss von Frauen ermöglicht die Atmosphäre, die vielen Männern als Garant männlicher Authentizität gilt. Die Männergemeinschaft vermittelt die habituelle Sicherheit, die zumindest junge
Männer in der Interaktion mit Frauen, welche jene in zunehmendem Maße mit Egalitätsansprüchen konfrontieren, immer schwieriger zu gewinnen vermögen (Meuser 2001: 25f).

Homosoziale Räume sind laut Bourdieu essenziell in der Konstruktion und dem Vollzug von Männlichkeit: „Konstruiert und vollendet wird der männliche Habitus nur in Verbindung mit dem
den Männern vorbehaltenen Raum, in dem sich, unter Männern, die ernsten Spiele des Wettbewerbs abspielen“ (Bourdieur 1997: 196). In homosozialen Räumen findet die „Ausbildung morali-
scher Orientierungen, politischer Einstellungen sowie von Wertsystemen primär im wechselseitigen Austausch der Geschlechtsgenossen untereinander [statt]“ (Meuser 2001: 13f). So wird unter
Gleichgeschlechtlichen und -gesinnten ein habitueller Konsens geschaffen: Männer sind „sowohl die signifikanten als auch die generalisierten Anderen […], an denen der einzelne Mann sich orien-
tiert“ (ebd.). Anhand der Interaktion mit Geschlechtsgenossen werden in homosozialen Räumen dadurch konkrete Männlichkeitskonzepte (re-)produziert und Sicherheit in der ‚männlichen‘ Hand-
lungspraxis erworben.

Die Incel-Community als homosoziale Peergroup im Web 2.0
Üblicherweise ist die Peergroup die erste homosoziale Gemeinschaft in der junge Männer mit der „Strukturlogik des männlichen Habitus“ (Meuser 2008: 36) in Kontakt kommen. Allerdings stellt
schon Donnelly 2001 in ihrer Studie fest, dass sich Involuntary Celibates in der Regel von ihren Peers abgehängt fühlen (vgl. Donnelly et al. 2001: 161). Viele incels.co-Nutzer schreiben, dass sie
keine oder nur wenig Freunde außerhalb des Forums haben:

Don't have anything close to a social circle and haven't for years. I've expressed more here than I have in a lifetime to anyone else.
You guys are my only friends.

Auch wenn sich online nur wenige Informationen über das Alter der Nutzer finden lassen, kann man auf Grund dessen, dass ein Großteil der Nutzer laut eigener Aussage noch bei den Eltern zu
wohnen scheint, davon ausgehen, dass es sich dabei vorrangig um jugendliche Männer handelt. Online finden diese jungen Männer den Anschluss, den sie in der aktuellen Wirklichkeit missen.
Das Incel-Forum stellt ein Auffangbecken für diejenigen dar, die ihre männliche Handlungspraxis eben gerade nicht mit gleichaltrigen Geschlechtsgenossen erproben können. Statt in face-to-face
Interaktionen wird Männlichkeit auf Incels.co über das interface ausgehandelt. Wenn man von dieser Gesichts- und damit Körperlosigkeit der Interaktionen absieht, entsprechen Funktion und
Struktur des Incel-Forums dennoch jenen eines homosozialen Raumes. So lässt sich die Vermutung anstellen, dass das Forum seinen Nutzern als Peergroup 2.0 dient.
Homosoziale Räume ermöglichen Männern laut Meuser die „wechselseitige Vergewisserung der eigenen Normalität“, die gerade dann von Nöten ist, wenn „die gesellschaftliche Vormachtstellung
des Mannes verstärkt in Frage gestellt wird“ (Meuser 2001: 16). Im Falle der Incels könnte man hier von einer Rückversicherung der Normalität der eigenen Andersartigkeit sprechen. Das Forum
Incels.co liefert Nutzern diese Rückversicherung auf zwei Ebenen: Einerseits wird der subjektive Ist-Zustand des unfreiwilligen Zölibats eines jeden Nutzers anhand des Blackpill-Überzeugungs-
systems in ein vermeintlich rationalisiertes, objektives Narrativ gebettet (vgl. Blommaert 2018: 206; Ging 2017: 8, 16), andererseits werden Überzeugungen über einen imaginierten Soll-Zustand in ein
konkretes Männlichkeitskonzept übersetzt und geteilt.
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Frauen als sexuelles Eigentum

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Der von Incels imaginierte Soll-Zustand und das damit einhergehende Konzept von Männlichkeit, das im Forum ausgehandelt wird, sind von Regressivität geprägt. Incels wünschen sich in eine Zeit
zurück, in der Frauen keine oder nur wenig Rechte zugesprochen wurden. Sie idealisieren die bürgerliche Gesellschaft als Ort männlicher Dominanz und Satisfaktion, in der Frauen nicht die Möglichkeit hatten, Männern ihre sexuellen Anspruchsrechte abzuschlagen – unabhängig von deren Attraktivität.

Regulations on the sexual market were a completely normal thing before the sexual revolution. If faced with fewer options and societal pressure foids will accept their partner.
I realize that I will never have what I really want because femoids have rights. But if I could, I would like to have a woman to love like a wife without the risk of getting cucked because she's my property.
Are you kidding me?! Femoids can be raped by their own husbands now?! […] Your vagina was designed to be fucked by your husband!

Incels bestätigen sich gegenseitig in ihrer Ansicht, dass Männlichkeit mit einem ‚sexual entitlement‘ einhergeht und es Frauen nicht möglich gemacht werden sollte, Männern diesen Anspruch zu ver-
wehren. Dieses antiquierte Verständnis von Frauen als sexuelles Eigentum von Männern, das sie damit krampfhaft versuchen aufrecht zu erhalten, lässt sich allerdings nicht mit den Grundzügen
der modernen, funktional differenzierten Gesellschaft vereinen.
Laut Collins A Conflict Theory of Sexual Stratification (Collins 1971) hängt ein „[m]ale sexual property in women“ von zwei Faktoren ab: erstens von „forms of social organization affecting the use of force“ und zweitens von „social organization affecting […] the market positions of men and women“ (Collins 1971: 9). Während die gesellschaftliche Geschlechterordnung lange von der (ge-
waltvollen) Machtausübung des Mannes bestimmt war, verändert sich die Machtstruktur zu Gunsten der Frau durch das Aufkommen des „centralized bureaucratic state claiming a monopoly on
the legitimate use of violence.“, das häusliche Gewalt zur Straftat macht (Collins 1971: 13). Durch den Zugang zu Bildung und Beruf – und damit die Möglichkeit auf eigenes Einkommen und Ei-
gentum – verbessert sich die Marktposition der Frau in der modernen bürokratischen Gesellschaft. Während Attraktivität lange Zeit die einzige Ressource war, aus der Frauen auf dem Paarfindungs-
markt schöpfen konnten, haben sie nun auch finanzielles Kapital, das in ihre Position miteinfließt und sind dadurch nicht mehr zwangsweise an einen männlichen Finanzgeber gebunden – und kön-
nen sich so aus einem „male ownership“ (Collins 1971: 7) befreien.
Die Verbesserung der Marktposition der Frau bewirkt desweiteren eine Veränderung auf Seiten der Männer: Während Attraktivität und emotionaler Support durch die finanzielle Vormachtstel-
lung auf Seiten des Mannes in Sachen Partnerschaftswahl lange eine untergeordnete Rolle gespielt haben, entwickeln sich beide unter der finanziellen Konkurenzfähigkeit der Frau zu zunehmend
wichtigen Ressourcen (vgl. Collins 1971: 13f).
Da Incels der Überzeugung sind, dass Frauen sich nach wie vor hauptsächlich von Männern finanzieren lassen, anstatt selbst zu arbeiten, nehmen sie in dieser Veränderung der Geschlechterord-
nung nur letzteres wahr: dass Attraktivität bei Männern zunehmend den sogenannten ‚sexual market value‘ bestimmt – und sehen sich durch ihr Selbstverständnis als unattraktive Männer damit
auf der Verliererseite dieser Entwicklung. Die meisten von ihnen sehnen sich dennoch nach wie vor nach einer (sexuellen) Beziehung oder Ehe. Allerdings kämen sie der Blackpill zufolge auf
Grund ihrer mangelnden Attraktivität (wenn überhaupt) nur als sog. ‚Betabuxxer‘ (Finanzgeber) für Frauen in Frage, und würden von ihren Partnerinnen und Ehefrauen betrogen (cucked) oder
bei einer Scheidung finanziell ausgenommen werden (divorce raped):

Marriage is so weak in today's age, it's basically just a financial thing for foids to get divorce rape money.

So (re-)konstruieren sie ein Ideal vergangener Zeiten, in welchem Frauen keine (Selbstbestimmungs-)Rechte haben, abhängig von ihren Ehemännern sind und diese laut rechtlicher Grundlage
nicht verlassen können. All dies unter der Annahme, dass sie so ihrem Incel-Dasein entgehen könnten.

The best way would be simply to enforce monogamy again. It's really not much harder than that. And make divorce difficult and keep women in the home.
I'd even push to the extent of making divorce illegal again and restricting job opportunities for women.
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Hegemoniale Männlichkeit

Hegemoniale Männlichkeit
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Laut Meuser gehört zu der Einübung des männlichen Habitus eine „doppelten Distinktionslogik, also [die] Abgrenzung gegenüber Frauen wie gegenüber anderen Männern“ (Meuser 2008: 36). Auch Incels folgen in ihrer Gruppenkonstitution einer doppelten Abgrenzung: einerseits von Frauen, andererseits von anderen Männern (Chads, Cucks, Soyboys usw.). Auch die „Abwertung des Weiblichen“ (ebd.) die laut Meuser häufig mit dieser Abgrenzung einhergeht, lässt sich bei Incels in aller Deutlichkeit wiederfinden. In ihrem Forum bestätigen sie sich gegenseitig ihre Thesen über den Grund ihres Incel-Daseins und der damit verbundenen Theorie über die Geschlechterordnung. Diese „wechselseitige Vergewisserung der eigenen Normalität“ in homosozialen Räumen dient laut Meuser gerade in Zeiten des Umbruchs der Geschlechterordnung „der Sicherung männlicher Hegemonie“ (Meuser 2001: 16). Wenn Meuser von männlicher Hegemonie spricht, dann mit Bezug auf das Konzept hegemonialer Männlichkeit von Connell und Messerschmidt (Connell 1987, 1999; Connell, Messerschmidt 2005; Messerschmidt 2018). Connell und Messerschmidt beschäftigen sich mit Männlichkeit im Kontetxt von Geschlechterbeziehungen innerhalb einer gesellschaftlichen Ordnung. Dabei werden nicht nur die Dominanzstrukturen der Beziehungen von Männern zu Frauen, sondern auch jene innerhalb des männlichen Geschlechts untersucht. Die Bezeichnung ‚hegemonial‘ bezieht Connell in diesem Kontext auf den Hegemonie-Begriff von Gramsci und beschreibt damit „die gesellschaftliche Dynamik, mit welcher eine Gruppe eine Führungsposition im gesellschaftlichen Leben einnimmt und aufrechterhält“ (Connell 1999: 130). In Sachen Geschlechterbeziehungen beschreibt hegemoniale Männlichkeit demnach eine Art von Männlichkeit, die eine legitime Vormachtstellung gegenüber anderen Männlichkeiten und Weiblichkeit einnimmt: Zu jeder Zeit wird eine Form von Männlichkeit im Gegensatz zu den anderen kulturell herausgehoben. Hegemoniale Männlichkeit kann man als jene Konfiguration geschlechtsbezogener Praxis definieren, welche die momentan akzeptierte Antwort auf das Legitimitätsproblem des Patriarchats verkörpert und die Dominanz der Männer sowie die Unterordnung der Frauen gewährleistet (oder gewährleisten soll) (Connell 1999: 130).

Dieser einen Form von Männlichkeit sind vier nichthegemoniale Formen untergeordnet: komplizenhafte, untergeordnete, marginalisierte und protesthafte Männlichkeiten:
[F]irst complicit masculinities do not actually embody hegemonic masculinity yet through practice realize some of the benefits of unequal gender relations and consequently when practiced help sustain hegemonic masculinity; second, subordinate masculinities are constructed as lesser than or aberrant and deviant to hegemonic masculinity, such as effeminate men; third, marginalized masculinities are trivialized and/or discriminated against because of unequal relations external to gender relations, such as class, race, ethnicity, and age; and finally, protest masculinities are constructed as compensatory hypermasculinities that are formed in reaction to social positions lacking economic and political power (Messerschmidt 2018: 29).

Bei der Leitunterscheidung hegemonial/nichthegemonial handelt es sich allerdings nicht um festgesetzte Kategorien, denen ein Mann angehört oder eben nicht, sondern viel mehr um Konfigurationen männlicher Handlungspraxis:
Consequently, ‘masculinity’ represents not a certain type of man but, rather, a way that men position themselves through discursive practices (Connell, Messerschmidt 2005: 840). Der normative Aspekt der hegemonialen Form von Männlichkeit ist folglich nicht in konkreten Rollenbildern festgeschrieben (vgl. Messerschmidt 2018: 28), sondern äußert sich „als in sozialer Interaktion – zwischen Männern und Frauen und von Männern untereinander – (re-)produzierte und in Institutionen verfestigte Handlungspraxis“ (Meuser 2010: 105). Sylka Scholz beschreibt hegemoniale Männlichkeit daher als ein Wechselspiel aus „institutionalisierte[r] Praxis“ und „generative[m] Prinzip“ (Scholz 2015: 25f): Die „normative Zielvorgabe“ (ebd.) hegemonialer Männlichkeit wird in die Institutionen alltäglicher Handlungen eingeschrieben (= institutionalisierte Praxis). Durch die Praxis dieser institutionalisierten Handlungen wird allerdings erst Männlichkeit konstruiert (= generatives Prinzip). „Im Zusammenspiel beider Ebenen erfolgt die gesellschaftliche Reproduktion männlicher Herrschaft“ (Scholz 2015: 26).

Incels zwischen marginalisierter und hegemonialer Handlungskonfiguration

Wo in dieser praxisorientierten Männlichkeitstheorie lassen sich nun Incels verorten? Durch die internationale Nutzerschaft des Incelforums treffen hier lokale, regionale und globale Konfigurationen männlicher Handlungspraxis aufeinander (vgl. Ging 2017: 5). Connell und Messerschmidt unterscheiden zwischen lokalen, regionalen und globalen Konfigurationen von Männlichkeit:

„1. Local: constructed in the arenas of face-to-face interaction of families, organizations, and immediate communities, as typically found in ethnographic and life-history research; 2. Regional: constructed at the level of the culture or the nation-state, as typically found in discursive, political, and demographic research; and 3. Global: constructed in transnational arenas such as world politics and transnational business and media, as studied in
the emerging research on masculinities and globalization“ (Connell, Messerschmidt 2005: 849). 

Zudem lässt sich aus dem Datenmaterial weder Homogenität was Alter, sozialen Status und Ethnizität usw. angeht ablesen, noch wie die Nutzer ihre Männlichkeit offline praktizieren. Der Begriff der ‚Handlungspraxis‘ muss daher ausschließlich auf kommunikative Handlungen online reduziert werden. Was die eigene Verortung und das Selbstverständnis von Incels in der Geschlechterordnung angeht, kann man zwischen zwei Perspektiven unterscheiden: einerseits die Selbstpositionierung innerhalb des gesellschaftlichen Status Quo, andererseits das Selbstverständnis innerhalb einer theoretischen Geschlechterordnung. Was ihre Positionierung innerhalb des gesellschaftlichen Status Quo angeht, so verorten sich Incels selbst innerhalb der Gruppe marginalisierter Männlichkeiten. Die „unequal relations external to gender relations“ (Messerschmidt 2018: 29), die sie als Grundlage ihrer Marginalisierung sehen, besteht für sie in ihrem vermeintlich mangelhaften Aussehen. Sie sind Opfer eines zu ihren Ungunsten operierenden Systems geschlechtlicher Beziehungen, was sie durch die selbstzugeschriebenen Begriffe wie ‚Beta‘ oder ‚Omega‘ sprachlich zum Ausdruck bringen. Frauen und Chads sind ihrer Theorie zufolge die Einzigen, die von der vorherrschenden Geschlechterordnung profitieren. Gleichzeitig distanzieren sie sich von sog. Betabuxxern und Cucks, ebenso wie von SJWs und White Knights, die sie als von Frauen ausgenutzte, entmännlichte Männer diffamieren und sich ihnen in praktischer Hinsicht, nämlich durch die Verweigerung der Teilnahme an diesem Männer ausbeutenden System, überlegen fühlen. Hier ist allerdings wichtig zu erwähnen, dass viele Incels davon ausgehen, dass Betabuxxer und Cucks nur selten Geschlechtsverkehr mit Frauen haben. Unter der Annahme, dass diese regelmäßige Sexualkontakte haben, wäre die Hierarchisierung aus Sicht der Incels vermutlich eine andere. Gerade vor dem Hintergrund, dass viele Incels über ihren Status als ‚NEET‘ (No Education, Employment or Training) berichten, könnte man die mit der ‚male supremacy‘ einhergehende und auch semantisch und begrifflich praktizierten Abwertung von Weiblichkeit auch als Zeichen von Hypermaskulinität und diese Handlungskonfiguration der Incels damit als die einer Protestmaskulinität lesen. Alles, was mit Männlichkeit verknüpft werden kann, hat in dieser Logik automatisch einen höheren Stellenwert:

Don’t let them play with things like die cast cars and dinosaur figures. These objects resemble things of great importance and females should not get the wrong idea about them. They should know they don't belong in a world of complex technology and biology. A world full of mathematics and facts.

Incels ‚verinnerlichen‘ die Wahrheit durch die Akzeptanz der Blackpill und beanspruchen so eine Deutungshoheit über die Geschlechterordnung, was ihnen zumindest auf (wissens-)theoretischer Ebene eine selbstkonstatierte Vormachtstellung gegenüber den ‚bluepilled Normies‘ einräumt. Mit dieser Deutungshoheit geht nicht nur der Anspruch einher, zu wissen, wie es aktuell um die gesellschaftliche Geschlechterordnung steht, sondern auch darüber, wie diese eigentlich sein sollte - und dieses Sein-Sollen beinhaltet auf Basis der ‚male-supremacy‘-Überzeugung die Legitimation männlicher Herrschaft. Wer zu stark von diesen Überzeugungen abweicht, muss zumindest auf Incels.co damit rechnen, vom Forum ausgeschlossen zu werden. Doch bedeutet dies, dass die Handlungspraxis der Incels in dem Fall hegemonial ist? Selbst wenn Incels in bestimmten Kontexten von der eigenen Vormachtstellung ausgehen, wird ihnen diese in der gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht widergespiegelt. Männliche Hegemonialität nach Connell und Messerschmidt äußert sich allerdings eben gerade dadurch, dass sie eine gesellschaftlich anerkannte Konfiguration männlicher Handlungspraxis darstellt, die eine männliche Herrschaft legitimiert.

An dieser Stelle ist zu verdeutlichen, dass hegemoniale und nichthegemoniale Männlichkeit eben keine starren Zuschreibungen, sondern Handlungskonfigurationen sind, zwischen denen Männer zu jederzeit hin- und herwechseln können:
"Men can dodge among multiple meanings according to their interactional needs. Men can adopt hegemonic masculinity when it is desirable; but the same men can distance themselves strategically from hegemonic masculinity at other moments" (Connell, Messerschmidt 2005: 840)

Wenn das Gespräch es verlangt oder es einer Rechtfertigung für bestimmte Handlungen oder Handlungsabsichten bedarf, positionieren sich Incels als Opfer einer Geschlechterordnung, in der sie unter der Unterdrückung von Frauen und gutaussehenden Männern keinerlei Anerkennung finden. Das hält sie nicht davon ab, sich im nächsten Moment als das stärkere, fähigere, rationalere, produktivere Geschlecht zu inszenieren, im Gegenteil: Wie Ging (2017) feststellt, kann gerade dieses Oszillieren zwischen unterschiedlichen Handlungs- und damit Selbstinszenierungskonfigurationen als Strategie zur (Re-)Normalisierung männlicher Vormachtsstellung verstanden werden:   

"They have both the intention and the effect of reasserting male sexual and cultural dominance. That this might be achieved through exaggerated performances of misogyny and the simultaneous mobilization of tropes of victimhood is nothing new. As David Savran (1998) and others (Hanke 1998; Carroll 2011) have noted, the discourse of white male suffering […] is a deliberate strategy to reinstate the normalcy of white male privilege through the articulation of its loss." (Ging 2017: 11) 

Auch wenn Incels nur wenig dem kulturellen Ideal entsprechen, das aktuell gesellschaftlich als hegemoniale Männlichkeit hervorgehoben wird, so kann man in ihrem Männlichkeitsideal doch ein Streben nach Hegemonialität erkennen. Durch dieses Streben, was sich in reproduzierten Bildern männlicher Überlegenheit und der Abwertung des Weiblichen äußert, tragen Incels zu einer Reproduktion der Normalitätsannahme männlicher Herrschaft bei. Und in Anbetracht dessen, dass sich ein Großteil ihres Alltags offenbar online und auf einschlägigen Incel- oder Manosphereseiten abspielt, bleibt die Frage offen, ob ihr Verhalten online nicht ein neues Exempel hegemonialer Männlichkeit statuieren könnte, was Incels zwar nach wie vor nicht in der aktuellen Wirklichkeit, aber möglicherweise online hegemonial macht:

"They travel to whichever spaces they perceive as threatening male privilege and thus also exert a powerful chilling effect on the Internet’s nonmanosphere spaces (Jane 2017, 4). In this sense, they at least threaten to become digitally hegemonic." (Ging 2017: 16)
Hegemoniale Männlichkeit
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  • Bildrechte: Vogt, P. J. (2018): INVCEL. How a shy, queer Canadian woman accidentally invented one of the internet’s most toxic male communities. Reply All. Podcast: Gimlet. Online verfügbar unter https://gimletmedia.com/shows/reply-all/76h59o/120-invcel., freesound.org/people/SkepticDosh/sounds/222894, http://4.bp.blogspot.com/-2Y5GnApPCkQ/U4TZkiSRDKI/AAAAAAAAIdE/BrOTd_AcN0w/s1600/ElliotRoger.jpg, https://fractionationformula.com/private/?var=A%20Woman%20And%20Manipulate%20Her%20Like%20A%20Doll, https://incels.co/members/, https://incels.co/threads/based-nigger-beats-up-foid-only-to-get-beat-up-himself-gthih-you-will-love-this.215418/, https://incels.co/threads/finding-out-looks-determine-your-whole-life-is-the-greatest-plot-twist-reveal-imaginable.152269/, https://incels.co/threads/gender-equality-is-against-biology-scientifically-proven.7063/, https://incels.co/threads/i-am-so-subhuman.61529/, https://incels.co/threads/is-this-guy-an-incel.32622/#lg=attachment5996&slide=0, https://incels.co/threads/ive-noticed-that-normie-relationships-seem-to-be-happier-with-a-white-male-normie-and-a-woman-of-any-ethnicity-other-than-white.205141/, https://incels.co/threads/the-official-male-looks-race-hierarchy-is-white-black-latin-arab-curry-rice-abo.67933/, https://incels.co/threads/tyrone-roasts-us-subhumans.32401/, https://incels.co/threads/whats-khhv-mean.218265/, https://incels.co/threads/who-does-close-to-nothing-all-day-true-ldarcels-aka-neetcels-aka-truecels.170165/page-2, https://vimeo.com/blog/post/Incel/, https://www.pexels.com/photo/gray-laptop-computer-2866909/, incels.co

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