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Feministische Pornos

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Überblick und Einführung

Pornos erfüllen ein Bedürfnis nach Sex, unterfüttern eine Vorstellung davon wie Sexualität gelebt wird und wecken Begehren. Während die konventionelle Pornoindustrie bereits in den 1980er Jahren von der deutschen Feministin Alice Schwarzer mit der Kampagne “PorNo” angegangen wurde, beantwortet die sexpositive feministische Bewegung die Frage nach dem Umgang mit Pornographie ganz anders. Statt eines Verbotes, werden heute “feministische Pornos” produziert. Doch was heißt feministischer Porno überhaupt, was erhoffen sich Produzierende und Darsteller_innen? Wie gut können diese Ansprüche erfüllt werden und wie steht dies alles im Zusammenhang mit ihrer digitalen Verbreitung und kapitalistischen Vermarktungslogiken? Dieses Studienprojekt untersucht die Motivationen und Einschätzungen des Freiburger Start-Ups Feuer.Zeug. Ein Interview mit der Produzentin Kira und der Darstellerin Lola und deren Einschätzungen der Branche werden mit theoretischen Ideen von Foucault bis Illouz in dieser Page Flow verknüpft. Ziel ist es die Idee von feministischen Pornos in theoretisch-wissenschaftlichen Ideen einzuordnen und nach dem Veränderungspotential von feministischen Pornos in einem digitalen Kapitalismus zu fragen.





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Mainstream Pornographie heute

Deutschland, so berichtet FOCUS Online 2015, habe den “zweitgrößten Pornomarkt der Welt, nach den USA” (Ayyadi, 2015). Das heißt konkret, dass in Deutschland ca. 1000 Pornofilme pro Monat produziert werden (ebd.) und schätzungsweise 30.000 Internetnutzer*innen schauen weltweit jede Sekunde Pornos (Ayyadi, 2016a). Eine repräsentative Umfrage der Universität Münster und Hohenheim aus dem Jahr 2017 hat außerdem gezeigt, dass nicht nur Erwachsene sich viel mit dem Thema Pornografie beschäftigen, sondern auch Jugendliche. Diese schauen ungefähr mit 14 Jahren das erste Mal einen Porno (Quandt & Vogelsang, 2018, zitiert in Betz et al, 2018, S. 9).

Diese Zahlen verweisen auf die Bedeutung die Pornografie in der heutigen Gesellschaft hat. Während die Konsum- und Produktionszahlen in Deutschland sehr hoch sind, ist die gesellschaftliche Debatte um Pornografie oft sehr schwer zu führen, da die Diskussion moralisch aufgeladen ist (vgl. Lüdtke-Pilger). Ingelfinger und Penkwitt (2004) bezeichnen “Pornografie” sogar als ein “Reizwort” (S. 13).

Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, möchte sich diese Forschungsarbeit mit dem Thema Pornografie beschäftigen. Dafür soll es im Folgenden erst einmal um eine nähere Betrachtung der Thematik “Pornografie” gehen, bevor in den nächsten Kapiteln theoretische Verknüpfungen zu Kapitalismus, Gefühlen und Diskursen gezogen werden. In diesem ersten Teil sind zentrale Fragen, Erstens, die Definition von Pornografie und die Thematik dieser Studienarbeit. Zweitens, die Entwicklung der Pornografie mit Fokus auf der neueren Geschichte seit der Entstehung des Internets und einer neuen Art der Zugänglichkeit. Drittens, eine Einführung in die (feministischen) Kritik an der Mainstreampornografie.

Viele der in diesem ersten Teil vorgestellten Inhalte, werden auch in dieser WDR Sendung thematisiert.


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Die Frage, was Pornografie eigentlich ist, ist umstritten. Ingelfinger und Penkwitt (2004) attestieren der Debatte um Pornografie eine Uneindeutigkeit bei der Begriffsverwendung, die zu einer “,Sprachverwirrung’ und dem unproduktiven Aneinander-vorbei-Reden führen können” (S. 21). Lüdtke-Pilger (2010) hat eine ähnliche Auffassung und betont, dass in der Wissenschaft verschiedene Definitionen verwendet werden und diese oft moralisch konnotiert sind (S. 13 ff.). Die Thematisierung von Pornografie in einem wissenschaftlichen Kontext begann erst vor ca. 30 Jahren, in den später 1980er Jahren, und kann als eine Erklärung für die Schwierigkeiten bei der Definitionsfindung herhalten (ebd.). Dennoch scheint dies nur ein Teil der Gründe zu sein, Lüdtke-Pilger sieht einen weiteren Grund für die Definitionsschwierigkeiten darin, dass die Bedeutung von Pornografie “maßgeblich von dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand und dem sexualpolitischen Standpunkt beziehungsweise den jeweiligen Bewertungen von Sexualität und Nacktheit” (S. 13) abhängt. Damit verändere sich die Definition über Zeit, aber unterscheidet sich auch innerhalb des zeitlichen Kontexts, je nach persönlicher Einstellung zu diesen Themen. Ähnliches resümieren auch Betz et al (2018) bei der näheren Betrachtung von Pornografiedefinitionen und weisen darauf hin, dass durch die Digitalisierung Quantität und Qualität des Angebots von pornografischen Produkten breiter geworden ist, was eine Definition zusätzlich erschwert (S. 19).

Um im weiteren Verlauf der hier dargestellten Inhalte nicht der Ungenauigkeit des Begriffs anheim zu fallen, soll im Folgenden die hier thematisierte Pornografie spezifiziert werden.

Ein genauerer Einblick in die etymologische, juristische und kulturwissenschaftliche Debatte um die Definition von Pornografie kann hier gefunden werden.

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Ingelfinger und Penkwitt (2004) kristallisieren einen “Kleinsten gemeinsamen Nennen” beim Thema Pornografie heraus und zwar, “dass es sich bei pornografischen Darstellungen um Abbildungen von Geschlechtsorganen oder sexuellen Praktiken handelt” (S. 21).  
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Das heute im Internet ca. 12.5% aller Webseiten pornografische Inhalte haben (Ayyadi, 2016a) und Pornografie so gut wie jederzeit verfügbar ist, sobald es Zugang zum Internet gibt (Ingelfinger und Penkwitt, 2004), ist ein ziemlich neues Phänomen.  
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Feminismus und Pornographie

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Spätestens seitdem die Pornographie als Massenmedium verfügbar ist gibt es feministische Auseinandersetzungen zum Thema “Pornographie”. Dabei stimmen westliche Feminist*innen, egal ob sie für oder gegen Pornographie sind oft überein, dass es eine Neudefinition von Pornographie braucht, welcher sich nicht vor allem an “Moralvorstellungen des sog. “Durchschnittsmenschen” orientiert” (Bader, 2016, S. 12).

Dennoch ist die Positionierung zu Pornographie und die Definition von Pornos ein Spaltungsthema zwischen verschiedenen feministischen Strömungen. Als das Thema Pornographie in den 1970er Jahren erstmals in den Fokus der US-amerikanischen feministischen Bewegung rückte, gab es vor allem Proteste, die auf eine Veränderung der “öffentlichen Meinung und Modifikation des in den Medien verbreiteten Frauenbildes” (Nazarova, 2016, S. 38) abzielten. Sabine Lüdtke-Pilger (2019) erklärt die damals aufkommende Debatte um Pornographie damit, dass Pornographie durch die Liberalisierung des Strafrechts auch zu Kommerzialisierung der Errungenschaften der sogenannten “sexuellen Revolution” der 68er Jahre führte und Pornos in die Öffentlichkeit brachte. Das drückt sich zum Beispiel an der Veröffentlichung des Films “Deep Throat” im Jahr 1972 aus (S. 24 ff.). Dieser wurde nicht nur in Kinos gezeigt, sondern auch in öffentlichen Medien wie der New York Times besprochen (S. 27). Damit wird Pornographie zu einem gesellschaftlich diskutierten Thema zu welchem sich auch Feminist*innen verstärkt positionierten.

Die Spaltung der feministischen Bewegung kam erst Ende der 1970er Jahren auf (Nazarova, 2016, S. 39). Feminist*innen, die sich gegen Pornographie einsetzen, forderten in den USA und Deutschland rechtliche Verbote von Pornographie. Die letzte Kampagne in Deutschland initiierte die Zeitschrift EMMA im Jahr 2007 unter dem Motto “Pornographie ist Gewalt” (Bader, 2016, S. 20 f.). Hauptargument der Gegner*innen ist, dass Pornographie Gewalt an Frauen* sein, Pornographie Frauen* objektiviere und eine “kausale Verbindung zwischen der Gewalt an Frauen und Pornographie” (Nazarova, 2016, S. 41) bestehe. Dem entgegenstehend kritisiert die sogenannte sexpostive Bewegung die Forderungen nach einem Verbot mit dem Argument, dass damit ein Vorgehen gegen Diskriminierung von und Gewalt an Frauen* schlechter vorgegangen werden könne (ebd., S. 43). Außerdem sei es eine Einschränkung der Meinungsfreiheit (ebd.) und würde Sexualität von Frauen* stereotypisieren (ebd., S. 42). Grundlegend unterscheidet die beiden Richtungen die Definition von Pornographie und die Sicht auf die Konstruktion von Realität durch Bilder (vgl. Bader, 2016 und Nazarova, 2016).
Zu den inhaltlichen Auseinandersetzungen und Argumenten der beiden Richtungen und den Feminist Sex Wars gibt es hier mehr Hintergrundinformationen.

Die skizzierte Debatte hat bereits in den 1980er Jahren sattgefunden. Doch fast 40 Jahre später gibt es noch immer die Spaltung in die feministische PorNO und PornYES Bewegung. Während die letzte PorNO Kampagne 2007 stattgefunden hat, wurde 2006 zum ersten Mal der Feminist Porn Award verliehen (Nazarova, 2016, S. 56). Nazarove (2016) bilanziert trotz der unterschiedlichen Richtungen, dass 
“die Einstellungen gegenüber Pornographie […] deutlich differenzierter geworden [sind]. Es sind sowohl eine höhere Sensibilität gegenüber diskriminierenden, gewaltverherrlichenden Darstellungen von Frauen als auch eine gestiegene Aufgeschlossenheit gegenüber konsensuellen sexuellen Experimenten zu verzeichnen. Dieser Wandel der Sexualmoral ist ein Resultat sozialer Bewegungen, vor allem aber eine Errungenschaft der Frauenbewegung, die zu einer grundlegenden Veränderung der sexuellen Verhaltensmuster führte” (S. 53).

Der sexpositive Feminismus hat außerdem eine Bewegung initiiert, die selbst feministische Pornos produziert. Damit soll der Mainstream Pornoindustrie etwas entgegengesetzt werden. Um “radikal progressiv” (Nazarova, 2016, S. 57) zu sein, gibt es verschiedene Grundsätze die einhalten werden sollen. Wie diese aussehen und was feministische Pornographinnen von ihrer Arbeit berichten wird auf den nächsten Seiten näher beleuchtet.
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Feministische Pornos

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Dr. Laura Meritt erklärt, warum es feministische Pornos geben sollte.

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Beispiel: Feuer.zeug

Auch in Freiburg haben sich Mensch zusammen gefunden, um feministische Pornos zu produzieren. Das studentische Porno Start-Up Feuer.Zeug beschreibt sich auf seiner Website selbst als: "Wir produzieren Porno - fair, nach feministischen Kriterien und mit unternehmerischem Freigeist als Start-up! Wir wollen das Thema zum Gegenstand gewöhnlicher Gespräche machen und so endlich aus der beschränkten Tabuzone holen!" (Website Feuer.Zeug, abgerufen: März, 2020) Mit der Produzentin Kira und der Darstellerin Lola, die im zweiten Film "Seeseiten" des Start-Ups zum Thema Mastrubation mitspielt, wurde im Dezember 2019 ein Interview zum Thema feministische Pornos geführt. Auf den folgenden Seiten werden Teile des Interviews, wo es um Ziele, Umsetzung und Einschätzungen der beiden geht, mit den zuvor eingeführten theoretischen Hintergründen verknüpft.
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Literatur

Artikel, Bücher, Internetseiten

Alexa Statistik. Top Sites in Germany, zuletzt abgerufen 30.01.2020 unter: https://www.alexa.com/topsites/countries/DE. -
Akyel, D. (07.12.2014). Themenwoche “Ware Welt”: Ökonomisierung und der moralische Wandel, Deutschlandfunk, zuletzt abgerufen 07.07.2020 unter: https://www.deutschlandfunk.de/themenwoche-ware-welt-oekonomisierung-und-moralischer-wandel.1184.de.html?dram:article_id=301617.
- Ayyadi, K. (2015). Erfolgsgeschichte Porno: Sexfilme – Das Geschäft mit der Lust, FOCUS online (26.06.2015), zuletzt abgerufen 07.07.2020 unter: https://www.focus.de/kultur/erfolgsgeschichte-porno-sexfilme-das-geschaeft-mit-der-lust_id_4760567.html.
- Ayyadi, K. (2016). Kostenlose Pornos: YouPorn, Pornhub und Brazzers – die Pornogiganten, FOCUS online (24.02.2016), zuletzt abgerufen 07.07.2020 unter: https://www.focus.de/finanzen/news/porno-plattformen-im-internet-youporn-pornhub-und-brazzers-die-gi....
- Ayyadi, K. (2016). YouPorn, Pornhub Brazzers: Das steckt hinter kostenlosen Online-Pornos, FOCUS online (Feburar 2016), zuletzt abgerufen 07.07.2020 unter: https://www.focus.de/digital/praxistipps/youporn-pornhub-brazzers-online-pornos-kostenlos-und-zu-jed.... - Bader, M. (2010). PorNO! Radikalfeministische Positionen gegen Pornographie, in A. Schmidt: Pornographie - Im Blickwinkel der feministischen Bewegungen, der Porno Studies, der Medienforschung und des Rechts, S. 11-34, Baden-Baden: Nomos.
- Betz, A., Giebeler, M, Gutscher, M., Inman, X., Nagel, M., Rothfuß, D., Schäfer, J. H., & Zöllner, O. (2018). Studie: Macht Porno glücklich? - Eine empirische Studie zu Nutzung und Ethik von Pornografie im Internet. Köln: Bundesanzeiger Verlag.
- Butollo, F & Nachtwey, O. (2018). Karl Marx - Kritik des Kapitalismus - Schriften zur Philosophie, Ökonomie, Politik und Soziologie. Berlin: Suhrkamp.
- Illouz, Eva (2018). Wa(h)re Gefühle - Authentizität im Komsumkapitalismus. Berlin: Suhrkamp.
- Ingelfinder, A. & Penkwit, M. (2004). Entfesselung des Imaginären? Zur neuen Debatte um Pornografie, In Freiburger Frauen Studien 15, online abrufbar unter: https://www.fzg.uni-freiburg.de/de/zeitschrift_index/einleitung10.pdf.
- Lexikon der Geographie (2001). Eintrag: Postfordismus, Spektrum Online, zuletzt aufgerufen am 07.07.2020 unter: https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/postfordismus/6165, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
-Lüdtke-Pilger, Sabine (2010). Porno statt PorNO! - Die neuen Pornografinnen kommen. Marburg: Schüren.
- Nachtwey, O., & Staab, P. (2020, May). Das Produktionsmodell des digitalen Kapitalismus. In Soziologie des Digitalen-Digitale Soziologie? (pp. 285-304). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
-
Nazarova, E. (2010). PorYES! Strömungen der sexpositiven Frauenbewegung, in A. Schmidt: Pornographie - Im Blickwinkel der feministischen Bewegungen, der Porno Studies, der Medienforschung und des Rechts, S. 35-60, Baden-Baden: Nomos.
-
Penz, O. & Sauer, B. (2016). Affektives Kapital - Die Ökonomisierung der Gefühle im Arbeitsleben. Frankfurt am Main: Campus.
-
Zeyn, M. (04.08.2019). Soziale Medien: Niemand hat nichts zu verbergen – Ein Essay über Geheimnisse, Deutschlandfunk, zuletzt abgerufen am 07.07.2020 unter: https://www.deutschlandfunk.de/soziale-medien-niemand-hat-nichts-zu-verbergen.1184.de.html?dram:arti....  

Videos

AFP Deutschland (07.10.2013). [Video] Fords Revolution: 100 Jahre Fließband, zuletzt abgerufen am 07.07.020 unter: https://www.youtube.com/watch?v=VSpu1eQzz_I.
- Explainity Erklärvideos (06.02.2019). [Video] “Big Data” einfach erklärt, zuletzt aberufen am 07.07.2020 unter: https://www.youtube.com/watch?v=X_FiBBCSXp4.
- Eva Illouz, Sternstunde Philosophie  

Shereen El-Feki, Sternstunde Philosophie
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Positionen von Feministinnen seit dem Aufkommen der Pornographie als Massenmedium

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Bekannt sind die sogenannten “Feminist Sex Wars”, welche ungefähr in den 1970er Jahren begannen. Die Auseinandersetzung rankte sich um die politische Positionierung von Feminist*innen zu Pornographie. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde die Debatte in den USA viel auf rechtlicher Ebene ausgefochten. Andrea Dworkin und Cathrine MacKinnon verfassten 1985 einen “Gesetzesvorschlag gegen Pornographie” (Bader, 2016, S. 15 in Schmidt, 2016). 

Auch in Deutschland legten Alice Schwarzer, Lore Maria Peschel-Gutzeit und zwei weitere Juristinnen 1988 einen Gesetzesentwurf zum Verbot von Pornographie vor (Bader, 2016, S. 20 in Schmidt, 2016).

Die Argumentationen gegen Pornographie beruhen in Deutschland auf der Analyse, dass Frauen in Pornos als Objekte dargestellt werden. Dies Wiederspreche Paragraph 1 des Grundgesetzes, da damit den Frauen ihre Würde als Subjekt genommen würde. Zentral ist, dass Pornographie in der Zeitschrift EMMA von Alice Schwarzer als “die sexuell verharmlosende oder verherrlichende, deutlich erniedrigende sexuelle Darstellung von Frauen oder Mädchen in Bilder und/oder Worten” (EMMA, 1988, zitiert in Bader, 2016, S. 22) definiert wird. Damit ist Pornographie lauf Definition bereits mit Erniedrigung verbunden und im Gegensatz zum allgemeinen Alltagsverständnis auf eine bestimmte Art von Darstellungen begrenzt (vgl. Bader, 2016 in Schmidt, 2016).



"Für die frühen feministischen Pornogegnerinnen ist das Verhältnis zwischen Pornografie und gelebter Sexualität (und auch dem Geschlechterverhältnis im Allgemeinen) dagegen noch ein eindeutiges: Die porno-kritischen feministischen Wissenschaftlerinnen und Aktivistinnen in Deutschland beziehen sich bei ihrer Auseinandersetzung mit Pornografie auf die US-amerikanische Antipornografie-Debatte und übernehmen dabei den von Robin Morgan stammenden Slogan „Pornografie ist die Theorie und Vergewaltigung die Praxis“, der von einem direkten Kausalzusammenhang zwischen gewaltförmiger Pornografie und sexueller Gewalt gegen Frauen ausgeht. Ähnlich argumentiert auch die Schriftstellerin Andrea Dworkin in ihrer Streitschrift Pornografie. Männer beherrschen Frauen, die 1987 verspätet ins Deutsche übersetzt wird."

Antonia Ingelfinger und Meike Penkwit, S. 14 f.
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#238369
Sauer S. 12/13 Erwerbsarbeit und Gefühle
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Die Soziologin Eva Illouz untersucht den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Gefühlen. In verschiedenen Untersuchungen bringt Illouz Studien zusammen, die verschiedene Aspekte dieses Zusammenhangs beleuchten.
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Eva Illouz spricht über Liebe im Kapitalismus und die heutige Gesellschaft.
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Was auch immer wir tun, auch wenn wir uns Pornos anschauen, dann sidn wir nie losgelöst von der Gesellschaft in der wir leben. Die Gesellschaft, Menschen um uns herrum, Wissen das wir lernen oder Fantasien die wir im Kopf haben, kommen nicht einfach aus uns als Individuum das allein steht, sondern sind auch beeinflusst von allem was wir davor gelernt haben.
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Seine Antrittsvorlesung mit dem Titel "Die Ordnung des Diskurses"
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Pornoindustrie und Kapitalismus

Digitale Technologien und die Entwicklung des Internets haben nicht nur Auswirkungen auf unseren Alltag und das zwischenmenschliche Zusammenleben, sondern Verändern auch ökonomische Zusammenhänge. Weiterhin leben wir in einer Marktwirtschaft, die von dem Streben nach Profit gesteuert wird. Grundlegende kapitalistische Mechanismen, welche schon Karl Marx beschrieb, bleiben dabei bestehen. Es geht also noch immer um die Schaffung von Profit durch Unternehmer_innen und die Ausbeutung von Arbeitskraft.
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Doch muss Marx Analyse des Kapitalismus aktualisert und erweitert werden. Dies tun Oliver Nachtwey und Phillippe Staab in ihrem Text  "Produktionsmodell des digitalen Kapitalismus" von 2018. Die Autoren beschreiben, dass sich der Kapitalismus, die Arbeitswelt und die Strategien von Konzernen ändern. Einerseits schauen sich die Nachwey und Staab in einem historischen Vergleich die Veränderungen an. Andererseits analysieren sie die Veränderung von Produktion und Konsum an Hand von den digitalen Technologien eigenen Charakteristiken.

Im historischen Vergleich untersuchen die Autoren als erstes die fordistischen Produktionsweise. Diese basiert darauf, dass Unternehmen vor allem die Rationalisierung von Arbeitsprozessen fokussierten und feste Angestellte hatten. Beispiele sind die Einführung von Fliesbändern und die Minimaliserung von Arbeitsschritten, die eine Einzelperson am Fließband ausführt. Daher auch der Name "Fordistisch", angelehnt an die Einführung von Fließbändern bei dem Unternehmen "Ford" geprägt von Henry Ford.

Nachdem "Fordismus" hat sich die Produktion bereits geändert und Unternehmen haben ihre Produktion mehr an den Finanzmärkten und Teilhaber_innen (Shareholder) orientiert. Beispielsweise durch die Einstellung von Zeitarbeiter_innen ohne feste Verträge und die Fixierung auf Marktveränderungen. Dieses Produktionsmodell wird Postfordismus genannt und hat noch weitere Charateristika, die hier kurz erklärt werden.

"Viele industrialisierte Länder haben seit den 1970er-Jahren Wirtschaft und Rentabilität in den Mittelpunkt gestellt und ganz generell eine Ausweitung von Marktbeziehungen vorangetrieben. Dieser zumeist als „Ökonomisierung“ bezeichnete Prozess zeigt sich mittlerweile in fast allen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen. Ursächlich dafür waren jedoch nicht nur politische und ökonomische Veränderungen, sondern auch der Wandel sozialer Wertvorstellungen. Dadurch, dass die Menschen zunehmend individueller und eigenständiger handelten, entwickelten sich neue Bedürfnisse und Handlungsmuster. Dieser Wandel trug ebenfalls zur Ausweitung von Marktbeziehungen bei." Akyel, 2014

Heute, hat sich laut Nachtwey und Staab ein neues Produktionsmodell entwickelt: Die Plattformökonomie.
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Dieses basiert darauf, dass Unternehmen nun vor allem durch ihre Expansion ganze Märkte darstellen. Das Beispiel hierfür ist Amazon. Amazon ist einerseite eine Firma, aber eigentlich ein digitaler Marktplatz. Der Erfolg von Amazon liegt daran, dass es andere Onlinemärkte verdrängt, in das eigene Sortiment aufnimmt und so Kund_innen an sich bindet und eigentlich den "Markt" selbst bildet. Dabei produzieren Unternehmen nicht unbedingt selbst die Produkte, sondern stellen diese zur Verfügung. Als unterstützend für diese Entwicklung sehen Nachtwey und Staab die Verwendung von großen Datenmengen für die Optimierung des Angebots. Aber auch Netzwerkeffekt, die dafür sorgen, dass umso mehr Menschen diese Platform nutzen diese immer mehr Produkte anbieten kann. Bei Amazon heißt das, umso mehr Menschen auf Amazon ihre Produkte anbieten, umso attraktiver wird es für mich auch dort einzukaufen, da es viele Produkte gibt. Auf der anderen Seite können die Algorythmen die erstellt werden, um den Konsum von Kund_innen zu berechnen und damit ein möglichst passendes zusätzliches Produkt zu meinem neuen Föhn zu errechnen, ohne zusätzliche Kosten reproduziert werden. Sobald einmal der Algorythmus erstellt ist, kann dieser beliebig oft kopiert werden, ohne das erneut die Entwicklung des Algorythmus bezahlt werden muss. Dies nennt sich Skaleneffekt.

Beide Effekte sind für große Platformen im digitalen Kapitalismus zentral, um Kosten für Arbeitskräfte zu sparen, aber auch um den Hauptfokus auf die Bindung von Kunden zu legen, um möglich viele Daten, die weiterverwendet werden können zu sammeln.

"Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts. Daten sind die Ölpest des 21. Jahrhunderts."

Damit ist das Ziel der Unternehmen nun die eigene Etablierung als eigener Markt bzw. online Plattform. Andere Beispiele sind Facebook oder Google.
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Onlinepornographie als Plattformökonomie

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Die Analyse von Nachtwey und Staab (2020) zeigt, wie sich die Produktion im Kapitalismus ändert und geändert hat. Dabei stehen nun die Nutzung und Generierung von Daten im Vordergrund, aber auch die Etablierung als “Marktplatz” bzw. Plattform. 

Das Internet kann für verschiedenste Dinge vom Nachschlagen eines Begriffs, zum Einkauf von Waren oder dem Kommunizieren mit anderen genutzt werden. Dennoch zeigen Statistiken, dass in Deutschland 12.5% des gesamten Internetverkehrs auf Pornos entfallen (Ayyadi, 2016b). Damit liegt Deutschland über dem weltweiten Durchschnitt von ca. 7.7% (ebd.) und war laut Ayyadi (2015) im Jahr 2015 der zweitgrößte Markt weltweit.

Der Bereich Pornographie hat sich verändert und kann auch unter der Theorie von Nachtwey und Staab (2020) zu Plattformökonomien analysiert werden. Ayyadi (2016a) berichtet in ihrem Artikel, dass der klassische Porno zurückgeht und die meisten kostenlosen Sexfilme auf Pornoplattformen 5-20 Minuten lang sind. Diese Kurzfilme fungieren als Teaser für die eigentlichen längeren Sexfilme für welche Konsument_innen zahlen müssten (Ayyadi, 2016a). Das weltweit größte Unternehmen ist “Mindgeek”, welches davor “Manwin” hießt. Zu dem Unternehmen gehören über 30 Firmen und es betreibt fast alle großen Pornoplattformen wie YouPorn, PornHub, Brazzers und andere (Ayyadi, 2016b). Das Unternehmen hat mehrere Milliarden Klicks pro Jahr und damit so viele wie Amazon oder Wikipedia (ebd.). Ayyadi (2016b) resümiert deshalb: “Manwin nimmt damit in der Internet-Porno-Branche quasi die Rolle von Google ein. Es leitet die User weiter, meist auf kostenpflichtige Seiten”. Somit scheint auch die Internetpornographie ähnlich zu anderen Wirtschaftsbereichen der Logik der Plattformökonomie wie sie Staab und Nachtwey (2020) beschreiben strukturiert zu sein. Es gibt ein Unternehmen, welches ein Monopol für die Zurverfügungstellung von kostenlosen Angeboten hat. Das Unternehmen produziert nicht direkt selbst die Pornos, sondern leitet Konsument_innen zu den kostenpflichtigen Filmen weiter. Auf der Website von Mindgeek gibt das Unternehmen an, dass es sechs Büros weltweit und etwas über 1000 Angestellt hat (Mindgeek, 2020). Im Vergleicht zum Umsatz und der über 30 weiteren Firmen, welche zu Mindgeek gehören scheint diese Zahl gering zu sein. Des Weiteren wirbt Mindgeek auf der eigenen Website damit die Daten von vielen Nutzern zu generieren und diese gezielt auswerten zu können: “Interested in taking Big Data to the next level?  With over 100 million daily visitors to some of the world’s largest trafficked websites, we’re uncovering trends and user habits overnight  that takes others months to gather” (Mindgeek, 2020). Unter Services ist dann zu finden, dass Werbung direkt über TraficJunky von Mindgeek auf die Konsument_innen abgestimmt werden kann: “We offer advertisers extensive reach to their target audience. With over 3 billion ad impressions served to dozens of millions of daily visitors, volume and reach is what sets TrafficJunky and its AdTool companion apart from all other online ad networks.” (Mindgeek, 2020). Damit ist das Unternehmen nicht nur auf die Bereitstellung einer Plattform für Porngraphie ausgerichtet, sondern verwendet auch die generierten Daten der Nutzer_innen für weiteren Profit. Dies erwähnen auch Nachtwey und Staab (2020) in ihrer Analyse als zentral für die Plattformen, welchen die Daten zur weiteren Generierung von Profit nutzen können. Onlinepornographie scheint also auch nach der kapitalistischen Plattformlogik organisiert zu sein.

Wie vorhergehend beschrieben ist gerade das Ziel der Plattformen möglichst große Monopole zu errichten, um mit der Weitervermarktung von Nutzer_innendaten und den Einnahmen für die Zuverfügungstellung von Waren, in diesem Fall Pornofilmen, möglichst viel Profit generierten zu können. Im Bereich der Online Pornographie scheint dies zu gelingen, so wird der Umsatz von Ayyadi (2015) in Deutschland auf ca. 800 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Weltweit sind es ca. 4,9 Milliarden US-Dollar, die mit Online Pornographie erwirtschaftet werden (Ayyadi, 2016a). In der Onlinepornoindustrie wird damit sogar mehr Geld umgesetzt als in der Musikindustrie (Ayyadi, 2015).  Davon profitieren die Plattformen und Unternehmen. Diese sind daran interessiert immer neue Filme und Inhalte zu produzieren, allein in Deutschland entstehen ca. 1000 Filme im Monat (Ayyadi, 2015). Diese werden häufig schnell und günstig produziert. Dennoch stellt Döring auch fest, dass das Angebot durch Onlinepornographie vielfältiger geworden ist (Döring, 2013, S. 424, zitiert nach Betz et al., 2018, S. 33). 

Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Bereich Onlinepornographie stark von marktwirtschaftlichen Faktoren beeinflusst ist. Das Geschäft mit Onlineangeboten wächst und die Branche passt sich veränderten Produktionsbedingungen in vielen Bereichen erfolgreich an. Dadurch können große Plattformen einerseits bestimmen, was auf dem Markt zur Verfügung steht, welche Pornos wir also schauen.

Auf der anderen Seite, ist es durch diese Plattformen schwerer mit Pornos Geld zu verdienen. Ein feministisches Pornounternehmen, welches Darsteller_innen fair bezahlen will und nicht vor allem durch große Datenmengen Geld verdient, hat eine viel geringere Reichweite. Damit ist es schwer eine Konkurrenz zur großen und gut etablierten Pornoindustrie aufzubauen. Dennoch ist genau das ein Ziel von feministischen Pornos.



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Definition 2.0.

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Definitionen2.1


Sprachwissenschaftlich kommt der Begriff “Pornografie” aus dem Griechischen. Während der erste Teil des Wortes “Pornos” den “Hurer” bzw. “Porné” / “pórne” die “Dirne” bezeichnet, steht der zweite Teil des Wortes “graphein” für schreiben, malen, beschreiben (vgl. Betz et al, 2018, S. 18 und Lüdtke-Pilger, 2010, S. 14). Faulstich (1994) stellt in seinem Buch fest, dass das Wort ab dem 17./18. Jahrhundert sich auf verschiedene Formen von “unzüchtigen Darstellungen” (Faulstich, 1994, S. 8f., zusammengefasst in Lüdtke-Pilger, 2010, S. 14; Hervorhebung in Lüdtke-Pilger; vgl. Auch Betz et al, 2018, S. 18) angewendet wurde. Lüdtke-Pilger (2010) stellt in einem kurzen Abriss dar, wie die Bezugnahme auf diese historische Herkunft es Wortes zum Beispiel in feministischen Interpretationen verwendet und mit einer negativen Konnotation belegt wurde. Dabei werden die historischen Ursprünge des Wortes für die Argumentation genutzt (S. 14).  

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In Deutschland wurde Pornografie 1975 freigegeben (Lüdtke-Pilger, 2010, S. 23) und wird bis heute im Strafgesetzbuch §184 geregelt (Betz et al., 2018, S. 19; Döring, 2004, S. 5; Lüdtke-Pilger, 2010, S. 15). Zentral sind ist die Unterscheidung in “einfache” und “harte” Pornografie, wobei “harte” Pornografie nicht mit Hardcore verwechselt werden sollte, sondern sich auf verbotene Formen von Pornografie wie Kinderpornografie, Pornografie mit Tieren oder Gewalt bezieht (vgl. Betz et al., 2010, S. 19 f.; Döring, 2011, S. 5 f.; Lüdtke-Pilger, 2010, S. 15). Einfache Pornografie wird definiert als:

“Darstellungen << (…) die ihrer Gesamttendenz nach ausschließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse an sexuellen Dingen beim Betrachter abzielen, dabei sexuelle Handlungen (Geschlechtsverkehr, Manipulation an Geschlechtsteilen) in grob aufdringlicher, anreißerischer [sic!] Weise anbieten, wobei die betont hervorgehobenen Geschlechtsorgane den wesentlichen Bildinhalt darstellen.>>” (StGB, 1991, zitiert in Lüdtke-Pilger, 2010, S. 15).

Auch in dieser juristischen Definition spiegelt sich die aufgeladene Debatte um Pornografie wider. So betont Döring (2011), dass die Einteilung in einfache und harte Pornografie juristisch umstritten sind und unter anderem bei BDSM Filmen verschwimmen (S. 5). Dass sich die juristische Auslegung durchaus über Zeit ändern, illustriert die Veränderung in der Rechtsprechung in Bezug auf Pornografie und Kunst. Die Kieler Juristin Frommel zeigt, dass sich in den 60er Jahren die Auffassung von Pornografie des Bundesgerichts änderte und Pornografie und Kunst sich nicht mehr gegenseitig ausschlossen (Frommel, 2004, S. 143; vgl. Ingelfinger und Penkwitt, 2004, S. 21; Lüdtke-Pilger, 2010, S. 16).

Die Veränderung der Rechtsprechung gehen auch mit Veränderungen in der Moralvorstellung der Gesellschaft einher. Ingelfinger und Penkwitt (2004) arbeiten mit Bezugnahme auf den Juristen Schroeder (1992) heraus, dass für ein juristisches Verbot von Darstellungen letztendlich vor allem die “Stimulierungstendenz, zum anderen die ,Anstandsverletzung’” (Schroeder, 1992, interpretiert in Ingelfinger und Penkwitt, 2004, S.19) ausschlaggebend sind. Die Bestimmung der “Anstandsverletzung” scheint dabei besonders stark an die moralischen Vorstellungen der Gesellschaft gekoppelt zu sein und Moral vor allem in Bezug auf Pornografie nicht aus dem Gesetz verschwunden zu sein. So attestiert auch Döring (2010) dem deutschen Gesetz eine moralische Komponente, welche die “christlich-abendländische Weltanschauung normativ vorgibt, [insofern] dass Sexualität grundsätzlich immer im Rahmen persönlicher Beziehungen stattfinden soll und sexuelle[…] Lustgewinn[e] um [ihrer] […] selbst willen als pornografisch und jugendgefährdend verurteilt” (Schumann, 2005, 14, paraphrasiert in Döring, 2004, S. 6). Damit scheint auch der heutige Gesetzestext, welcher die Benutzung, Produktion und Verbreitung von Pornografie regelt, eine gesellschaftliche Vorstellung von Moral widerzuspiegeln und sich durch Änderungen von Moralvorstellungen zu ändern. Somit ist auch die juristische Definition von Pornografie nicht immer eindeutig und hängt von Auslegungen ab.

Die gesetzliche Regulation von Pornografie und die zugrunde liegende Definition wurde in der feministischen Auseinandersetzung mit Pornografie hitzig diskutiert. Forderungen nach Verboten von Pornografie, wie von der Zeitschrift EMMA in Deutschland, gibt es immer wieder. Auf diese, auch rechtlichen Auseinandersetzungen, soll später eingegangen werden. Hier geht es zur Übersicht der feministischen Debatte.

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Eine der ersten wissenschaftlichen Forschungen über die Geschichte der Pornografie stammt von dem Medienwissenschaftler Werner Faulstich (vgl. Lüdtke-Pilger, 2010, S. 17). Faulstich (1994) verwendete folgende Arbeitsdefinition:

“Pornografie ist die Darstellung sexueller Handlungen in Wort, Bild oder Ton in allen Medien gemäß den Kategorien explizit detailliert, fiktional wirklich und szenisch narrativ. Was als sexuelle Handlung gilt und vor allem wie die drei Kategorien zu verstehen sind, ist zeitspezifisch jeweils unterschiedlich und kann deshalb nur im historiografischen Querschnitt der Werke oder Darstellungen bestimmt werden.” (Faulstich, 1994, S. 33 zitiert in Lüdtke-Pilger, 2010, S. 16; Hervorhebung in Lüdtke-Pilger).

Lüdtke-Pilger (2010) führt aus, dass diese Definition vor allem den “relationalen Charakter der Pornografie betont” (S. 16). Die drei Kategorien “explizit detailliert”, “fiktional wirklich” und “szenisch narrativ” (S. 16) sind dabei besonders zentral. Erstere bezieht sich vor allem auf die “Überdeutlichkeit der Darstellung, beispielsweise der Nahaufnahme von Geschlechtsorganen bzw. Der sexuellen Handlung” (ebd.). Zweitens, das Kriterium “fiktional wirklich” (ebd.) meint, dass die Handlungen real stattfinden, jedoch dennoch in einem Medium inszeniert werden. Drittens, die “szenisch narrative Struktur” illustriert Lüdtke-Pilgers mit dem Beispiel Mainstream Pornografie in welchem “in sich abgeschlossene Sexszenen episodenhaft aneinandergereiht” (ebd.) werden. Sie betont, dass Faulstich besonders damit der Möglichkeit des Verschmelzens von Kunst und Pornografie Raum gibt (ebd.). Im Gegensatz zur juristischen Definition versucht diese kulturwissenschaftliche Definition moralische Aspekte auszuklammern und konzentriert sich stattdessen auf die Inhalte und Darstellungsform.

Döring (2004) stellt fest, dass in den Geistes- und Sozialwissenschaften insgesamt vor allem eine “inhaltlich-funktionale” Definition von Pornografie verwendet wird, die versucht “bewusst wertneutral[…]” zu sein (S. 7). Inhaltlich werden somit vor allem “nackte Körper und sexuelle Aktivität dargestellt” (ebd.), während die Funktion vor allem auf die “sexuelle Stimulation” abzielt (ebd.). Lüdtke-Pilgers (2010) weist in ihrer Doktorarbeit darauf hin, dass diese Funktion als “Masturbationsvorlage” (S. 11) vor allem in der Gegenwart an Bedeutung gewinnt, während Darstellungen von Nacktheit oder Sex zuvor nicht unbedingt auf diese Funktion reduziert wurde (ebd.). Die heutige Funktion von Pornografie findet sich z.B. auch in der juristischen Definition wieder (siehe oben). Die inhaltlich-funktionale Funktion versucht jedoch im Gegensatz zur juristischen wertneutral zu sein und schließt z.B. erotische Darstellungen mit ein, auch wenn diese juristisch gesehen keine Pornografie sind (vgl. Döring, 2004, S. 8). Auch die im Duden verwendete Definition ist nicht juristisch korrekt. Der Duden definiert “sprachliche, bildliche Darstellung sexueller Akte unter einseitiger Betonung des genitalen Bereichs und unter Ausklammerung der psychischen und partnerschaftlichen Aspekte der Sexualität” (Duden Online-Wörterbuch, abrufen 2017, zitiert in Betz et al, 2018, S.18) als Pornografie. Diese Definition scheint näher an einer “alltagssprachlichen Verwendung” des Begriffes zu sein, als die juristische. Döring (2004) beleuchtet an Hand des Beispiels einer Umfrage unter Jugendlichen zu Pornografie Konsum, dass diese den Begriff Pornografie auch auf juristisch gesehene Erotik anwenden (S. 6). Somit scheint auch bei der populären Benutzung des Begriffs “Pornografie” Uneindeutigkeit zu herrschen.  
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Feuer.Zeug

Dieses Interview wurde im Dezember 2019 geführt und im Radio Dreyeckland in Freiburg aufgezeichnet. Interviewt wurden Kira und Lola vom feministischen Start-Up Feuer.Zeug. Die Fragen haben Verena Hartleitner und Elena Peckhaus gestellt.
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  • Die PorNO und ProPornbewegung hat sich vor allem in den 1980er Jahren große Debatten geliefert. Zentrale Unterschiede der Argumente waren die Auswirkungen von Pornos aus das reale Sexverhalten von Menschen.

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