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Gendering Marteloscopes

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»Gendering Marteloscopes«





»Die Zivilisation ist nicht mehr jene zarte Blüte, die man umhegte und mit großer Mühe an einigen geschützten Winkeln eines Erdreichs züchtete, in dem zwar viele robuste und durch ihre Lebenskraft zweifellos bedrohliche Feldpflanzen wuchsen, die aber die Saat noch zu verändern und zu kräftigen vermochten. Heute findet sich die Menschheit mit der Monokultur ab. Sie schickt sich an, die Zivilisation in Massen zu produzieren wie Zuckerrüben, und bald werden diese auch ihre einzige Nahrung sein.«

                              Claude Lévi-Strauss, Tristes Tropes (1955)




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regt an, über die »Monokultur« unter Menschen, sprich in der sozialen ebenso wie in der natürlichen Umwelt nachzudenken. Das bedeutet, über Vereinheitlichungen, Normierungen und den Umgang mit Differenzen zu reflektieren. Inmitten eines »Naturlabors« fragen wir, inwiefern geschlechtliche, kulturelle und fachspezifische Perspektiven den Blick auf Marteleskope prägen. Marteloskope sind ein Hektar große Waldflächen, in denen alle Bäume nummeriert wurden. In einer App auf Tablets können die Bäume ausgewählt werden, um ihre ökonomischen und ökologischen Werte einzusehen. Mit den Marteloskopen ebenso wie mit »Gendering Marteloscopes« wird ein integrativer Ansatz verfolgt. Es geht darum, ökologische Fragen mit ökonomischen zusammenzuführen sowie für Diversität unter Menschen ebenso wie für Biodiversität in Flora und Fauna zu sensibilisieren.


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lassen sich zwei Werte einsehen:
Der ökonomische Wert eines Baumes, der quantitativ in Euros bemessen werden kann. Die Größe, der Wuchs und die Art des Baumes spielen dabei eine Rolle.
Der ökologische Wert eines Baumes lässt sich ebenfalls erfahren. Dieser Wert hängt davon ab, welche Qualitäten der Baum als potenzielles Habitatindividuum aufweist. Welche Strukturen hat dieser Baum? Etwa tote oder abgebrochene Äste oder Risse in der Rinde? Ist es wahrscheinlich, dass sich ein Specht in einer Höhle ansiedelt oder seltene Insektenarten hier leben können? Welche Flechten und Moose lassen sich finden?
Die Sichtbarkeit dieser Werte ist entscheidend. Welcher Wert wird welchem gleichgesetzt, höher oder niedriger bewertet?


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Videografie zur Diversität

In den folgenden Videos können Studierende bei zwei unterschiedlichen Übungen in einem Freiburger Marteloskop begleitet werden. Zum einen wählen sie in Kleingruppen mit Hilfe des Tablets einen Baum aus, den sie über ökologische Kriterien als ein Habitatindividuum identifizieren, und zum anderen ökonomisch ertragreiche Douglasien, die sie ernten würden. 
Der Besuch der Waldfläche gemeinsam mit dem Medienteam Gendering MINT digital war Teil einer Lehrveranstaltung von Patrick Pyttel, Akademischer Rat am Lehrstuhl für Waldbau an der Abert-Ludwigs-Universität Freiburg. 
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Auswahl eines Habitatbaums

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Douglasien ernten

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Mangelsdorf, Marion/Mikoleit, Ronja/Schmitz, Sigrid & Fetzner, Daniel (2018) Gendering Marteloskope – Digitalisierung von Gender-Wissen im MINT-Bereich. Proceedings of 4th Gender & IT Conference, Heilbronn, Germany (GenderIT’18), 225-227

Pyttel, Patrick/Kraus, Daniel/Schuck, Andreas/Krumm, Frank/Bauhus, Jürgen (2018) Mit „Marteloskopen“ lehren und lernen, in: AFZ-DerWald 4: 26–29


Link
Integrate+ – Marteloscopes Site



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Videografie zur Biodiversität

In diesem Abschnitt wenden wir uns von den Menschen mit ihren verschiedenen Sichtweisen ab, um uns der Flora und Fauna selber zuzuwenden. Welche Artenvielfalt lässt sich hier wie entdecken? Und welche Einschränkungen sowie möglichen Potentiale lassen sich an diesem Ort thematisieren? Inwiefern kann der integrale Ansatz der Marteloskope dabei behilflich sein Biodiversität zu entfalten?
»Gendering Martelescopes« möchte verdeutlichen, dass auch der Blick auf die biologische Vielfalt gegendert, kulturell und fachspezifisch geprägt ist. Am Beispiel von Beschreibungen der Fortpflanzung bei Pflanzen, insbesondere bei Bäumen möchten wir diesen Aspekt anschaulich machen.
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Pflanzen und Pflanzenteile – wie beispielsweise die Zapfen bei Bäumen – werden im Hinblick auf ihre Fortpflanzung als männlich und weiblich beschrieben. Diese Deutung orientiert sich an der menschlichen Sexualität und der Beschreibung der menschlichen Sexualorgane.
Das vom Naturforscher Linné im 18. Jahrhundert entwickelte Linnésche System galt bis ins 19. Jahrhundert in der Botanik als die bevorzugte Klassifizierung von Pflanzen. Sie widmet sich in besonderer Form der Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Geschlechtsteilen bei Pflanzen (vgl. Schiebinger 1995, 31).

»Das Nachdenken über die Natur wird durch den bewussten und unbewussten Gebrauch von Metaphern strukturiert. Ob man Pflanzen im heterosexuellen Ehebund vereint oder auf konkurrenzförmige Fortpflanzungsstrategien vereidigt, immer hebt man bestimmte Verhaltensweisen und Kennzeichen des Pflanzenlebens hervor und schließt andere aus.« (Schiebinger 1995, 49)

»Linnés Klassifikation erfolgt nicht so sehr aufgrund natürlicher Gegebenheiten, sondern viel mehr mittels der Projektion patriarchaler Sexualvorstellungen, indem er ›aktive‹ ›Staubblätter‹ (Penis), und ›passive‹, oft mit erhöhtem ›Schamgefühl‹ ausgestattete Narben (Vulva), Stempel oder Fruchtblätter (Vagina) zugrundelegt.« (Termeer 2005, 122) Es kommt zu einer hierarchisierten (Hetero-)Sexualisierung von Pflanzen.
Linné »interpretierte die Natur durch die Brille der sozialen Verhältnisse, so daß die neue Sprache der Botanik sich gleichermaßen Grundtatsachen der gesellschaftlichen und natürlichen Welt einverleibte.« (Schiebinger 1995, 34) Im Rahmen des Linnéschen Systems wurde die Sexualität von Pflanzen in Zusammenhang mit ›Vermählung‹ und Ehe gesetzt (Schiebinger 1995, 43; vgl. auch Diess 1996).

Ein Zugang, der diese Mensch-Natur-Verhältnisse in den Blick nimmt und somit die Dichotomie von Kultur und Natur thematisiert ist der der Queer Ecologies. Der Ansatz der Queer Ecologies fragt nach »[...] der ›Natürlichkeit‹ des biologischen Reproduktionsprozesses und der Produktion des Lebens.« (Bauhardt 2012, 10) Dazu gehört unter anderem die Auseinandersetzung mit geschlechtshierarchischer Arbeitsteilung, die vermeintliche weibliche Zuständigkeit für die soziale Reproduktion und deren Legitimation durch deren ›Natürlichkeit‹ (vgl. Bauhardt 2012).
»Die queere Sicht auf gesellschaftliche Naturverhältnisse stellt jeden Rückbezug auf natürliche Gegebenheiten in Frage, da der Blick auf ›Natur‹ immer schon durch die soziale Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit und durch Vorannahmen über ›Natürlichkeit‹ heterosexueller Reproduktion vorgeprägt ist.« (Bauhardt 2012, 11)
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Bauhardt, Christine (2012) Feministische Ökonomie, Ökofeminismus und Queer Ecologies – feministisch-materialistische Perspektiven auf gesellschaftliche Naturverhältnisse. In: Genderpolitik – online

Schiebinger, Londa (1995) Am Busen der Natur: Erkenntnis und Geschlecht in den Anfängen der Wissenschaft. Aus dem Englischen von Margit Bergner und Monika Noll. Stuttgart: Klett Cotta

Schiebinger, Londa (1996) The Loves of the Plants. In: Scientific American, 274(2): 110–115

Termeer, Marcus (2005) Die Verkörperung des Waldes. Eine Körper-, Geschlechter- und Herrschaftsgeschichte. Bielefeld: Transcript

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[Bio-]Diversität – ein integrativer Ansatz

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bezeichnet einen Ansatz, der für die Vielfalt in Flora und Fauna ebenso wie für die Vielfalt menschlicher Daseinsformen sensibilisiert. Die Frage ist, was bedeutet es, wenn wir uns nicht nur der Biodiversität als einem naturwissenschaftlichen sowie der Diversität als einem sozialwissenschaftlichen Phänomen annähern, sondern [Bio-]Diversität als integratives Konzept von wechselweise aufeinander verwiesenen »Naturkulturen« begreifen? 

Generell beschreibt Biodiversität die »Vielfalt des Lebens« auf der Erde. Vor etwa drei Jahrzehnten wurde die biologische Vielfalt zu einem Schlüsselbegriff im Umwelt- und Naturschutzdiskurs. Schnittstellen zwischen sozialwissenschaftlich orientierter Biodiversitätsforschung und Genderforschung ergeben sich aus politischen Initiativen sowie aus theoretischen und methodischen Gemeinsamkeiten. In Bezug auf politische Initiativen kann das Jahr 2015 als ein bedeutender Meilenstein angesehen werden: Im Rahmen der internationalen Konvention zur Erhaltung der biologischen Vielfalt ist der sogenannte Gender-Actionplan 2015-2020 in Kraft getreten. Zwanzig Jahre nach der vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking, einer der wichtigsten Ausgangsimpulse für den Diskurs um Gender und Umwelt, fokussiert dieser Aktionsplan Themen, die bereits in Peking auf der Tagesordnung standen. Aufgezeigt wurde, dass Fragen nach Gerechtigkeit, insbesondere von Geschlechtergerechtigkeit in einer globalisierten Welt mit umweltpolitischen Herausforderungen verbunden sind. In diesem Zusammenhang ist die Betrachtung von Biodiversität untrennbar mit der Betrachtung von Diversität innerhalb menschlicher Gemeinschaften verknüpft.











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Mangelsdorf, Marion/Pregernig, Michael/Kuni, Verena (2016) Introduction: (Bio-)Diversity, Gender and Intersectionality. In: Freiburger Zeitschrift für Geschlechterstudien 22(2): 5–15

Subramaniam, Banu/Schmitz, Sigrid (2016) Why We Need Critical Interdisciplinarity: A Dialogue on Feminist Science Technology Studies, Postcolonial Issues, and EcoDiversity. In: Freiburger Zeitschrift für Geschlechterstudien 22(2): 109–122
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Produktion & Gestaltung

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GENDERING MARTELOSCOPES
geht zurück auf das vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
geförderte Verbundprojekt
Gendering MINT digital

Die Verantwortung für den Inhalt
liegt bei den Autor_innen
Förderkennzeichen
01FP1721, 01FP1722, 01FP1723


Produktionsleitung und Gestaltung
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Dr. Marion Mangelsdorf 
Isabell Schaub
Simon Schwab
Victoria Vonau
Hochschule Offenburg
Prof. Daniel Fetzner
Stefan Salm
Zaid Ghasib


Mit Dank an
Die Entwickler der Marteloskope
Daniel Kraus, Frank Krumm & Andreas Schuck

Kooperationspartner_innen an der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Bettina Joa
Ronja Mikoleit
Patrick Pyttel

Die Studierenden

Lioba Martin, Studentin der Soziologie, die als Forschungshospitantin an dem Projekt gemeinsam mit Isabell Schaub mitgearbeitet hat


Foto von links nach rechts
Stefan Salm, Simon Schwab und Zaid Ghasib


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